Beate Zschäpes Sorge um ihre Katzen
Seit zwanzig Monaten weigert sich Beate Zschäpe, über die NSU-Morde zu sprechen. Beim Prozess in München sagten nun zwei Polizisten aus, die sie kurz nach ihrer Festnahme zum Reden gebracht hatten.

Dieser Tage ist es genau zwanzig Monate her, dass Beate Zschäpe sich der Polizei stellte. In diesen zwanzig Monaten verweigerte die mutmassliche Rechtsterroristin jede Aussage zu den Vorwürfen gegen sie. Doch die 38-Jährige schwieg nicht konsequent: Heute sagten im NSU-Prozess vor dem Oberlandesgericht München zwei Polizisten aus, die bei zwei Gelegenheiten informell mit ihr sprachen.
Nach dem Suizid ihrer mutmasslich für zehn Morde verantwortlichen NSU-Komplizen Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos am 4. November 2011 soll Zschäpe zuerst das letzte Versteck des Trios in Zwickau angezündet haben und dann zu einer mehrtägigen Flucht aufgebrochen sein. Am Ende dieser Flucht stellte sie sich am 8. November in Jena der Polizei und wurde von dort nach Zwickau zur Vernehmung gebracht.
Geraucht und gegessen
Die Befragung übernahmen der Polizist Andre B. und eine Kollegin. Zschäpe habe die Aussage verweigert, berichtete B. heute. Danach allerdings zog sich der Polizist mit seiner Kollegin und Zschäpe in sein persönliches Dienstzimmer zurück. Dort durfte geraucht werden, «was zu essen wurde auch gereicht», sagte der 47-jährige Beamte. Eine lockere Atmosphäre – Umstände, die die Beamten nutzten.
Die nach ihrer tagelangen Flucht übernächtigte Zschäpe habe frei geplaudert, sagte B. Sie habe erzählt, dass sie ein «Oma-Kind» sei. Und sie habe über die Bedeutung von Böhnhardt und Mundlos für ihr Leben gesprochen, «dass eben die beiden ihre Familie waren».
Für die Einschätzung von Zschäpes Rolle im NSU hat das Gespräch mit den Polizisten grosse Bedeutung. So habe Zschäpe gesagt, «dass sie sich wundert, dass die beiden Uwes sich so entwickelt haben». Mit «so entwickelt» war nach Einschätzung des Beamten die kriminelle Laufbahn der beiden gemeint, von der Zschäpe folglich gewusst haben müsste – ausdrücklich gesagt habe Zschäpe dies allerdings nicht.
Die Erinnerungslücken eines Polizisten
B. hatte einige Erinnerungslücken. An einigen Stellen widersprach er sich auch. Offen erscheint damit, wie die juristische Bewertung seiner Aussagen ausfallen wird – die Verteidiger Zschäpes beantragten bereits, diese zumindest zum Teil nicht zu verwerten.
Mit seiner Aussage zeichnete der Polizist weiter an dem Bild einer Frau, die sich mehr für ihre Tiere zu interessieren schien als für Menschenleben. Nach der Brandstiftung in ihrer Zwickauer Wohnung habe sich Zschäpe nicht nach dem Schicksal der älteren Frau erkundigt, die mit in dem Haus lebte, berichtete B. Mehrfach habe sie dagegen gefragt, «was aus ihren Katzen geworden ist».
Sie schläft seit der Festnahme ruhiger
Für Zschäpe selbst müssen die Tage ihrer Flucht ein Ausnahmezustand gewesen sein. Laut dem Zwickauer Polizisten sagte sie, «dass sie daran gedacht hat, ich mache auch Schluss». Doch Zschäpe scheint sich schnell gefasst zu haben. Einem Beamten des Bundeskriminalamts (BKA), mit dem sie ein paar Tage später zum Bundesgerichtshof nach Karlsruhe flog, sagte sie, dass sie nun keine Suizidgedanken mehr hege.
Dem BKA-Beamten erzählte sie vom Alltag im Untergrund – etwa, dass die Angst vor dem Auffliegen alltäglich gewesen sei. Sie schlafe nach ihrer Festnahme «wesentlich ruhiger».
Aber obwohl sie mit den beiden Polizisten offensichtlich offen plauderte, täuschte Zschäpe sie in einem Punkt: Der Zwickauer Polizist gab an, er habe den Eindruck gehabt, Zschäpe wolle auspacken. Und der BKA-Beamte sagte sogar, sie habe ausdrücklich gesagt, dass sie «sich nicht gestellt hätte, um nichts zu sagen». Doch tatsächlich schweigt Zschäpe inzwischen konsequent – das OLG München muss deshalb durch juristische Kleinarbeit die Taten des NSU rekonstruieren.
AFP/fko
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch