Bedingte Freiheitsstrafe für NDB-Datendieb
Ein Informatiker, der beim Nachrichtendienst des Bundes 2012 umfangreiche Daten entwendet haben soll, ist zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 20 Monaten verurteilt worden. Die Verteidigung hatte für einen Freispruch plädiert.
Vor vier Jahren entwendete ein 48-jähriger Informatiker im grossen Stil Daten von seinem ehemaligen Arbeitgeber, dem Nachrichtendienst des Bundes (NDB). Am Mittwoch ist der Datenbankspezialist nun vom Bundesstrafgericht zu einer bedingten Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten verurteilt worden.
Der 48-Jährige hat sich in den Augen des Gerichts des politischen Nachrichtendienstes schuldig gemacht. Vom Vorwurf der versuchten Verletzung des Amtsgeheimnisses wurde er dagegen freigesprochen. Die Freiheitsstrafe von zwanzig Monaten ist bedingt bei einer Probezeit von drei Jahren.
Die nun sanktionierten Taten hätten ein sehr hohes Gefährdungspotenzial für die Eidgenossenschaft gehabt, sagte der Richter in seinem Urteil. «Der Datendiebstahl hätte gravierende Konsequenzen haben können.» Es handle sich um einen «aussergewöhnlichen Fall», bei dem die genaue «Motivlage» unklar sei.
Weiter in psychiatrischer Behandlung
Gleichzeitig erkannte der Richter die verminderte Schuldfähigkeit des derzeit in Therapie befindlichen Informatikers an. Deshalb wurde das hypothetische Strafmass von sechzig Monaten nun um zwei Drittel reduziert, womit es nun bei zwanzig Monaten liegt. Der 48-Jährige soll sich auf Geheiss des Gerichts auch weiterhin einer psychiatrischen Behandlung unterziehen.
Ein vorgeladener Gerichtspsychiater hatte in der Hauptverhandlung angegeben, dass der Angeklagte eine Wahnstörung habe. Diese äussere sich durch Angstgefühle und Bedrohungssymptome. Die geistige Verfassung des Beschuldigten gab insbesondere im Zusammenhang mit einem Banktermin bei der UBS im Jahr 2012 zu reden.
Selbst entlarvt
Zur Abwicklung des geplanten «Daten-Deals» vereinbarte der Angeklagte ein Beratungsgespräch, um ein Nummernkonto zu eröffnen. Dabei erklärte er gegenüber dem Bankangestellten, dass er Einnahmen von 100'000 bis einer Million Franken erwarte, die aus dem Verkauf von sensiblen NDB-Daten stammen sollten.
Die entwendeten Daten konnten bereits nach der Meldung der Grossbank an den NDB bei einer Hausdurchsuchung vollumfänglich sichergestellt und die Weitergabe so verhindert werden. «Wir haben den GAU verhindert», sagte der Staatsanwalt des Bundes am Mittwoch.
Er hatte eine Freiheitsstrafe von fünf Jahren beantragt. Die Strafe sei angemessen, weil der Angeklagte mit seiner Tat eine Gefahr für die Sicherheit der Schweiz darstellte, und er versuchte, sie zu vertuschen. Der Ex-Informatiker sei geplant vorgegangen, und es gebe keine Anzeichen einer spontanen Aktion. Wären die Daten an die Öffentlichkeit gelangt, hätte dies einen kapitalen Vertrauensverlust für den Schweizer Nachrichtendienst bedeutet.
Angeklagter als Mobbingopfer?
Die Verteidigung zeichnete dagegen ein ganz anderes Bild des Angeklagten: Beim Datendiebstahl habe es sich um «einen demonstrativen Akt» gehandelt. Der Beschuldigte habe seinen Kollegen nachweisen wollen, dass er «besser» sei und habe gleichzeitig versucht, ihr Mobbingverhalten offenzulegen.
Zum letztendlich selbstentlarvenden Bankgespräch sagte der Verteidiger, dass niemand, der vernünftig und bei klarer geistiger Gesundheit sei, drei Tage bevor er die Daten entwenden wollte, einen solchen Termin vereinbart hätte. Ein Krimineller hätte sich auch niemals mit dem richtigen Namen vorgestellt.
Es gibt laut dem Anwalt ausserdem keine Angaben, welcher ausländische Staat für einen möglichen Verkauf kontaktiert werden sollte. Ausserdem wurden auch keine Informationen über Verbindungen zu fremden Agenten gefunden. Zudem sei bei dem gesamten Vorfall eine gewisse Mitschuld des NDB gegeben - in einer gewissen Weise habe die Tat seines Mandanten dem Nachrichtendienst geholfen, sicherer zu werden.
Staatsanwaltschaft ist mit Urteil «zufrieden»
Laut dem Richter wurde für den am Mittwoch beendeten Prozess bereits Anfang 2016 ein Vorverfahren durchgeführt, bei dem die Parteien die gestohlenen Daten einsehen konnten. Ansonsten wäre aus Gründen des «Geheimnisschutzes» keine öffentliche Hauptverhandlung möglich gewesen.
Er sei mit dem Urteil zufrieden, sagte der Vertreter der Bundesanwaltschaft, Carlo Bulletti, im Anschluss des Prozesses auf Anfrage. Wichtig sei, dass das Gericht erkannt habe, dass sich der Ex-Informatiker des NDB des politischen Nachrichtendienstes schuldig machte. Es sei dann in einem zweiten Schritt am Gericht gelegen, den Gesundheitszustand des Beschuldigten zu bewerten, so Bulletti.
Die Jungsozialisten Schweiz (JUSO) leiteten aus dem Bundesstrafgerichtsurteil eine unmittelbare politische Kritik im Bereich des Datenschutzes ab: Mit der Annahme des Nachrichtendienstgesetzes im September 2016 könnten «hunderttausende Datensätze» von Bürgern gesammelt werden, schrieben sie in einer Mitteilung. Der nun bestrafte Datendiebstahl zeige, dass der Schutz der vom NDB gesammelten Daten alles andere als gewährleistet sei, so die JUSO.
SDA/woz
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