Beim Bund gibt es keine Missstände in Asylzentren
Ein externer Bericht stellt Gewalt gegen Frauen in Flüchtlingsheimen fest. Der Bundesrat spricht dagegen von «qualitativ guter Unterbringung».

Viele Flüchtlingsfrauen fühlen sich in kantonalen Asylunterkünften nicht sicher, teilweise sogar bedroht. Sexuelle Belästigung gehöre zum Alltag, und es seien auch Fälle von Übergriffen und Gewalttaten bekannt. So wird das im Bericht, den das Schweizerische Kompetenzzentrum für Menschenrechte im Auftrag des Bundesrats verfasst hat, unmissverständlich festgehalten. Für den Bericht haben die Autoren unter anderem in sieben Asylunterkünften in fünf Kantonen mit Betreuern, medizinischem Personal und anderen Fachpersonen gesprochen.
Seinen 138-seitigen Bericht hat das Kompetenzzentrum im März 2019 abgeschlossen. Veröffentlicht hat ihn der Bundesrat jedoch erst am Mittwoch. In der Zwischenzeit sind noch zwei weitere Berichte verfasst worden. Jener des Staatssekretariats für Migration (SEM) umfasst 74 Seiten, jener des Bundesrats 23. Ausschliesslich darauf bezieht sich der Bundesrat auch in seiner Medienmitteilung.
Entscheidende Feststellung fehlt
In seinen Berichten handelt der Bund vor allem die Situation von Flüchtlingsfrauen in seinen Asylzentren ab. Angaben zu Übergriffen in Bundeszentren werden keine gemacht. Es findet sich aber jeweils auch ein Kapitel zur Unterbringung in den Kantonen. Dort wird zwar ausdrücklich auf den Bericht des Kompetenzzentrums Bezug genommen. Die entscheidende Feststellung, dass sich Frauen in den Unterkünften nicht sicher fühlen, fehlt jedoch.
Stattdessen ist in den Berichten von Bundesrat und SEM diese Kernaussage enthalten: «Die meisten zentrumsbetreibenden Institutionen und Zentrumsleitenden sorgen trotz finanzieller, personeller und struktureller Einschränkungen für eine qualitativ gute Unterbringung. So ist beispielsweise in den Schlafzimmern die Geschlechtertrennung stets gewährleistet. Familien werden überall in separaten Zimmern untergebracht.»
Das kontrastiert mit einer zentralen Aussage im Bericht des Kompetenzzentrums: «In den kantonalen Kollektivunterkünften führen die hohen Anforderungen an das Personal, ungenügende Schulung des Personals, fehlende Abläufe sowie räumliche Einschränkungen zu Defiziten in Bezug auf die Unterbringung und Betreuung von Frauen und Mädchen aus dem Asylbereich. Diese Defizite betreffen neben der Gestaltung und Nutzung der Räumlichkeiten insbesondere den Umgang mit den komplexen und sensiblen Themen sexuelle Gewalt und Ausbeutung sowie sexuelle und reproduktive Gesundheit.»
«Konstruierter» Widerspruch?
Auf die beiden Textstellen angesprochen, teilt das SEM am Donnerstag mit, dieser Widerspruch sei «konstruiert». Seine Aussage betreffe spezifisch die gendersensible Unterbringung. Das SEM hält an seiner Aussage fest.
Im Bericht des Kompetenzzentrums schildern Befragte konkrete Fälle von Übergriffen. So soll unter anderem ein Sozialarbeiter in einer kantonalen Asylunterkunft ständig aufdringlich Körperkontakt zu einer Flüchtlingsfrau gesucht haben. In welcher Unterkunft, wird nicht angegeben. Evelyne Sturm, Geschäftsführerin des Kompetenzzentrums für Menschenrechte, sagt: «Wir haben keine Kenntnis, ob bei den im Bericht aufgeführten Beispielen in irgendeiner Weise eine Ahndung oder Weiterverfolgung erfolgt ist.»
Die strafrechtliche Verfolgung liegt in der Kompetenz der Kantone. Die Konferenz der Sozialdirektoren (SODK) konnte gestern ebenfalls keine Angaben zum weiteren Umgang mit diesen Fällen machen. Die SODK hat den Bericht bereits vor Monaten erhalten. Einzige konkrete Massnahme bisher: «Wir sind daran, ein Merkblatt für die Kantone zu erstellen», sagt Angela Zumbrunn, Fachbereichsleiterin Migration.
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