«Belgischer Staat wollte Sabena los werden»
Der Konkurs der ehemaligen Swissair-Tochtergesellschaft Sabena von 2001 beschäftigt weiter die belgischen Gerichte. Die Schweizer Seite verteidigte in einem Plädoyer das Verhalten der SAirGroup.

Im Zivilprozess um Schadenersatzforderungen an die SAirGroup und SAirLines vor dem Brüsseler Appellationsgericht hielt die Schweizer Seite am Mittwoch ihr Plädoyer. Dabei erklärten die Anwälte der SAirGroup, dass alle strategischen Entscheide durch den Verwaltungsrat der Sabena getroffen wurden. In diesem Gremium hatten die Vertreter des belgischen Staates die Mehrheit.
Am 4. Mai 1995 hatte die Swissair 49,5% an der Sabena übernommen. Der belgische Staat hielt 50,5% der Anteile. Als Mehrheitsaktionär habe der belgische Staat nur eines gewollt, sagte Anwältin Céline Masschelein: «Sich von Sabena trennen, die ein Fass ohne Boden war».
Di Rupos Aussage
Seit 1989 habe Sabena praktisch jedes Jahr bis zum Konkurs von 2001 Verluste aufgewiesen, sagte Masschelein weiter. Sie verwies zudem auf eine Aussage von Elio Di Rupo. Der heutige Präsident der wallonischen Sozialisten war beim Verkauf der belgischen Anteile an die Swissair Wirtschaftsminister.
Di Rupo habe nach dem Konkurs der belgischen Fluggesellschaft erklärt: «Sabena hatte klar die Leitung der Gesellschaft und ist also einzige Verantwortliche ihres Konkurses». Die Gegenseite habe im Verfahren versucht aufzuzeigen, dass SAirGroup den Wunsch geäussert habe, Sabena komplett zu integrieren. Nach der Übernahme von 49,5% habe es aber nie klare Hinweise darauf gegeben, dass die Swissair eine Mehrheitsbeteiligung anstrebe. «Man versuchte nur, der Sabena wieder Leben einzuhauchen», erklärte die Anwältin.
Gegenseite sieht SAirGroup als Schuldige
Bereits anfangs September hatten die Anwälte des belgischen Staates und des Nachlassverwalters der Sabena ihre Plädoyers gehalten. Sie stellten sich auf den Standpunkt, dass die SAirGroup ab Mitte 1999 volle Kontrolle über die Sabena hatte. Der Schweizer Konzern habe wichtige Sabena-Posten mit seinen Leuten besetzt und damit Entscheide der Sabena beeinflusst.
Dazu zählte laut den Anwälten der Kauf von rund dreissig Airbus-Maschinen. Dieser Entscheid habe den Konkurs der Sabena stark beschleunigt. Die Anwälte vertraten die These, dass Sabena, welche Gewinne gemacht habe, nur helfen sollte, die leeren Kassen der SAirGroup zu füllen. Über ihre effektive finanzielle Situation habe die SAirGroup den belgischen Staat im Dunkeln gelassen. Die Rechnungen seien «klar irregulär oder schon fast falsch» gewesen.
Allerdings hatte die Zürcher Staatsanwaltschaft im Oktober 2008 diesbezüglich festgestellt, dass keine Jahresrechnungen vorsätzlich geschönt worden seien. Dem Verwaltungsrat, den Managern der SAirGroup und den Verantwortlichen der Revisionsfirmen könne kein Täuschungsvorwurf gemacht werden.
Fall vor internationalem Gerichtshof
Wann im Zivilverfahren vor dem Brüsseler Appellationsgericht mit einem Urteil gerechnet werden kann, steht noch nicht fest. Allerdings bestünde die Möglichkeit, den Fall vor eine nächste Instanz weiterzuziehen.
Im Fall des Konkurses der Sabena ist ein weiteres Verfahren vor dem internationalen Gerichtshof in Den Haag hängig. Dort hatte der belgische Staat im Dezember 2009 eine Klage gegen die Schweiz eingereicht. Die belgische Regierung, ehemalige Grossaktionärin der Sabena, fordert von der SAirGroup und ihrer Tochter SAirLines eine Entschädigung. Sie macht die Gesellschaften für den Zusammenbruch der belgischen Airline verantwortlich.
SDA/jak
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