Berlusconi empfiehlt Monti als Nachfolger – Lega stellt sich quer
Bei 7,35 Prozent notierten heute die Zinsen für italienische Staatsanleihen. Die Politik forciert das Tempo. Berlusconi könnte schon am Samstag zurücktreten, eine Übergangsregierung zeichnet sich ab.

Der scheidende italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi hat den früheren EU-Wettbewerbskommissar Mario Monti implizit als seinen Nachfolger empfohlen. Er wünsche Monti eine «fruchtbare Arbeit im Interesse des Landes», heisst es in einem Glückwunschtelegramm Berlusconis an den 68-jährigen Wirtschaftswissenschaftler, das am Donnerstag veröffentlicht wurde. Das Telegramm bezieht sich darauf, dass Monti am Mittwoch den Titel eines Senators auf Lebenszeit erhielt. Monti war von 1994 bis 2004 EU-Kommissar.
Die an der italienischen Regierung beteiligte Partei Lega Nord will den früheren EU-Kommissar Mario Monti allerdings bei einer möglichen Übernahme des Amtes des Regierungschefs nicht unterstützen. Sollte Monti das Mandat für eine Regierungsbildung erhalten, werde die Lega Nord «in die Opposition wechseln», sagte Innenminister Roberto Maroni. Die rechtspopulistische Partei könne Monti nicht unterstützen, da er nicht der Mehrheit angehöre, die 2008 die Parlamentswahlen gewonnen habe.
Lega ist für Sparprogramm
Andererseits wolle die Lega Nord aber dem Reform- und Sparprogramm im Parlament zustimmen, das Regierungschef Silvio Berlusconi zur Bedingung für seinen Rücktritt gemacht hatte, sagte Maroni weiter. «Das wird der letzte Akt dieser Regierung.»
Die Entscheidung der Lega Nord, die statt einer Übergangsregierung vorgezogene Neuwahlen fordert, dürfte die Arbeit eines neuen Regierungschefs erschweren. Unabdingbar für die Unterstützung einer neuen Regierung ist die Partei aber nicht, die über nur 59 der 630 Sitze im italienischen Parlament verfügt.
Mailänder Börse legt zu
Die Mailänder Börse legte am Morgen angesichts steigender Hoffnung auf ein Ende der politischen Hängepartie in Italien um mehr als drei Prozent zu. Die Zinsen für italienische Staatsanleihen bleiben weiter deutlich über der kritischen Marke von sieben Prozent. Das war die Marke, bei der Irland, Griechenland und Portugal internationale Hilfen und den Schutz des Euro-Rettungsschirms brauchten. Die Zinsen für zehnjährige italienische Anleihen notierten am Morgen bei 7,35 Prozent.
Unter dem Druck der Schuldenkrise hatte Berlusconi am Dienstagabend angekündigt, er werde nach der Verabschiedung zentraler Spar- und Reformpläne durch das Parlament sein Amt abgeben. Staatschef Giorgio Napolitano erklärte, nach Berlusconis Rücktritt werde er «umgehend» Gespräche zur Bildung einer neuen Regierung einleiten. Denkbare Szenarien sind die Bildung einer um die Zentrumspartei erweiterten neuen Regierung, eine von einem unabhängigen Experten geführte nationale Einheitsregierung oder vorgezogene Parlamentswahlen.
Die Verabschiedung der Sparmassnahmen wird bis zum Wochenende erwartet. Italienischen Medienberichten zufolge wird der Senat wohl am Freitag, das Abgeordnetenhaus am Samstagnachmittag, spätestens aber am Sonntag über die Reformen abstimmen.
Italien muss sich selbst retten
Italien ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone. Das Land hat einen Schuldenberg von rund 1,9 Billionen Euro angehäuft. Ein Rettungseinsatz wie bei Irland, Portugal oder Griechenland könnte die anderen Euro-Länder überfordern.
dapd/ AFP/miw, jak
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