Berufungsverhandlung überraschend verschoben
Ein russisches Gericht hat die für heute angesetzte Berufungsverhandlung im Prozess um die Punkband Pussy Riot vertagt. Eine der Musikerinnen hatte zuvor ihre Anwälte entlassen.
Verzögerung im Berufungsverfahren gegen Pussy Riot: Ein Moskauer Gericht hat überraschend die Berufungsverhandlung gegen drei Frauen der Band Pussy Riot auf den 10. Oktober verschoben. Zuvor hatte eine der Musikerinnen überraschend ihre Verteidiger entlassen.
Die Richterin gab einem Antrag der inhaftierten Jekaterina Samuzewitsch statt, ihren Anwalt wegen «starker Differenzen» auszutauschen. Ihre Position stimme nicht mit der ihrer Verteidiger überein, sagte Samuzewitsch im Gerichtssaal. Einer der Gründe für das Zerwürfnis sei die «undurchsichtige Verwendung von Spenden für Pussy Riot», berichtete die Zeitung «Nowaja Gaseta». Zudem sollen die Juristen Briefe unterschlagen haben.
Die beiden Mitangeklagten von Samuzewitsch, die wie die 30- Jährige erneut in einem Glaskäfig sassen, sowie die Juristen der Frauen zeigten sich überrascht. Dagegen sprach der Anwalt der Nebenkläger von einer «abgekarteten Sache». Er fürchte, dass am 10. Oktober die beiden anderen Frauen ihre Verteidiger entlassen würden, um den Prozess in die Länge zu ziehen, sagte Alexej Taratuchin.
Nach der Vertagung wurden Nadeschda Tolokonnikowa und Maria Aljochina - beide Mütter kleiner Kinder - sowie Samuzewitsch zurück ins Untersuchungsgefängnis gebracht. «Keine Sorge, alles normal», sagten sie einer «Nowaja Gaseta»-Korrespondentin. Das Gericht muss entscheiden, ob die Verurteilung «aus tiefstem Hass gegenüber Gläubigen», so der Richterspruch vom 17. August, rechtmässig ist.
Zwei Jahre Straflager
Die drei Künstlerinnen waren für ein Protestgebet gegen Kremlchef Wladimir Putin in einer Kirche zu je zwei Jahren Straflager verurteilt worden. Die Frauen sitzen seit März hinter Gittern.
Das Vorgehen der Justiz hatte international Empörung ausgelöst. Bürgerrechtler kritisierten das Urteil als politisch motiviert. Die Anwälte der drei Musikerinnen hoffen auf Freispruch - entweder in Moskau oder vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte.
Vor dem Gerichtsgebäude hatten sich bereits am Morgen mehr als 100 Menschen in Erwartung einer Entscheidung versammelt. Die Polizei sicherte das Gebäude im Stadtzentrum mit einem Grossaufgebot.
Anhänger der Band und Vertreter verschiedener politischer Gruppen hatten Plakate mitgebracht. Zahlreiche Demonstranten zeigten ihre Sympathie für die Musikerinnen. Sie sangen kremlkritische Lieder der Punkband.
Eine Gruppe orthodoxer Christen sprach in der Nähe Gebete. Die Polizei nahm mehrere Menschen fest, die mit aufblasbaren Puppen eine schärfere Verurteilung der drei Frauen gefordert hatten.
dapd/sda/rbi/bru
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