Beste Werbung für Stäfas Dorfpolitik
Die Gemeinderatskandidaten überraschten im Rössli mit markigen Voten und konstruktiven Ideen.
Stäfa - In Stäfa sind in drei Wochen nicht einfach Wahlen, Stäfa hat eine echte Wahl. Das ist die nicht ganz selbstverständliche Erkenntnis eines Gipfeltreffens der Gemeinderatskandidaten, das mehr als die knapp hundert Zuhörer verdient gehabt hätte, die sich am Mittwochabend in den Rössli-Saal verirrten.
Stäfa hat nicht nur deshalb eine Wahl, weil sich hier 12 Kandidaten um 9 Sitze rangeln: Anders als in mancher Seegemeinde nutzten hier insbesondere die Neuen die Gelegenheit, sich ein Profil zu geben. Denn dass einer «in erster Linie für das Dorf» ist, wie man das dieser Tage so oft hört, dürfte von den Wählern wohl eher als Selbstverständlichkeit empfunden werden denn als politisches Programm.
Klare Unterschiede liessen die Kontrahenten schon zu Beginn erkennen, als es ums emotional aufgeladene Thema Familienwohnungen ging. Der parteilose Weinbauer Stefan Reichling fand, man solle nach Zumiker Vorbild bestehende Wohnungen mit Unterstützungsbeiträgen erschwinglich machen, statt «Ghettos» für die weniger Begüterten zu errichten. Prompt erntete er Zuspruch von CVP-Gemeinderätin Ursula Traber, die unbedingt eine lebendige Dorfgemeinschaft erhalten will. Nicht dass Stäfa so ende wie jene stadtnahen Gemeinden, die «fast tot scheinen».
Weniger überzeugt war Peter Frikart von der SP, aus deren Reihe die gescheiterte Familienwohnungsinitiative stammte: Der Kleinunternehmer und Unweltpolitiker, der ein Comeback als Gemeinderat anstrebt, hat zwar nichts gegen Zuschüsse, für ihn steht aber der Bau neuer Wohnungen im Vordergrund. Diese wolle die SP nun an anderen Standorten realisieren.
Wollmilchsau für Familien
Sie droht dabei von der SVP rechts überholt zu werden. Denn Peter Frey, langjähriger Präsident des FC Stäfa, nutzte die Plattform, um publikumswirksam eine kleine Bombe platzen zu lassen: Seine Partei will nach Ostern einen eigenen Vorstoss mit den Qualitäten einer eierlegenden Wollmilchsau präsentieren: Die Mieten seien günstiger als beim SP-Projekt, das Gewerbe profitiere, und die Gemeinde verdiene erst noch daran.
Das dürfte Finanzvorstand Alfred Rechsteiner (FDP) hellhörig machen, der noch einmal das Rekorddefizit und die Schuldenwirtschaft der Gemeinde erklärte (TA vom 31. 3.). Kritische Fragen aus dem Publikum gab es aber nicht für ihn, sondern für Frey, nachdem dieser empfohlen hatte, «den Gürtel enger zu schnallen», indem man auf Dinge wie die neuen Plakatsäulen verzichte. Zwei junge Männer zweifelten seine Kompetenz als Sparpolitiker an, sei doch unter seinem Regime der FC finanziell verludert. «Das stimmt nicht», wehrte sich Frey, der dahinter eine gezielte Störaktion linker Jugendlicher vermutete.
Das Sparpotenzial sei ohnehin beschränkt, gaben derweil amtierende Gemeinderäte wie Klaus Geser (parteilos) zu bedenken. Bevor die Stäfner zur Axt griffen, sollten sie erst einmal überlegen, welche Lebensqualität sie im Dorf wollten - und dann auch bereits sein, die Kosten dafür zu berappen. Lieber sparen als Steuern erhöhen oder Schulden machen will dagegen Finanzfachmann Andreas Utz von den Grünliberalen. Man habe in den letzten Jahren zu sorglos Geld ausgegeben für Traum-schlösser wie den Frohberg.
Während für Peter Frey der «Verkauf von Restaurants» kein Tabu ist, setzten sich Tiefbauvorstand Paul Scheck (CVP) und Marketing-Experte Christoph Portmann (SP) unisono dagegen ein. Man müsse diese letzten schönen Flecken unbedingt auch für die kommenden Generationen erhalten. Der «Ausverkauf der Heimat» am rechten Seeufer, ergänzte Frikart, müsse gestoppt werden.
Flaniermeile oder Bahnhof?
Für FDP-Mann Simon Hämmerli wie für Reichling ist das schön und recht, aber die politische Kakofonie der Ansprüche an die Nutzung von Frohberg und Villa Sunneschy müsse aufhören. Man solle einen Unternehmer in Ruhe machen lassen. Liberale Credos von Hämmerli belebten auch die Debatte ums gebaute Stäfa. Während etwa Portmann ein Ende der Zersiedelung forderte, fand der FDP-Kandidat, Stäfa bleibe auch schön, wenn «ein, zwei Häuser mehr» gebaut würden. Und als sich Scheck und Portmann (erneut in parteiübergreifender Einmütigkeit) für eine Flaniermeile am Bahnhof aussprachen - «es soll grün werden - nicht wie in Meilen oder Männedorf» -, konterte Hämmerli, das sei eine Illusion: «Lieber ein Bahnhof, der seine Funktion erfüllt, als eine Flaniermeile, die nicht lebt.»
Weil dann auch noch über die zu geringe Präsenz der Polizei und über Mängel der Jugendpolitik diskutiert wurde, sah sich Gemeindepräsident Karl Rahm (FDP) bemüssigt, das Publikum mit aufbauenden Worten in die Nacht zu entlassen: «Wir jammern alle auf hohem Niveau; Stäfa geht es immer noch gut.» Sie alle wollen neu in den Gemeinderat - von oben links nach unten rechts: Peter Frikart (SP), Andreas Utz (GLP), Simon Hämmerli (FDP), Peter Frey (SVP), Stefan Reichling (parteilos) und Christoph Portmann (SP). Fotos: Sabine Rock
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch