Betrug ist out – jetzt sprengen Verbrecher die Bancomaten
Eine Masche erreicht die Schweiz: Kriminelle knacken Geldautomaten nun auf die brachiale Art.

Um 2.30 Uhr schlugen die Täter am letzten Freitagmorgen in Arzo TI zu. Sie fackelten nicht lange, sprengten den Raiffeisen-Bancomaten und flohen mit der Beute. Wer hinter der Attacke steckt, ist nicht bekannt. Die Tessiner Polizei ermittelt. Dabei wird sie unterstützt von Sprengstoffexperten des wissenschaftlichen Dienstes der Zürcher Kantonspolizei.
Wie viel Geld abhandengekommen ist, gibt Raiffeisen nicht bekannt. «Zur Schaden- und Deliktsumme äussert sich Raiffeisen aus Sicherheitsüberlegungen nicht», so ein Sprecher. Es ist aber bereits der zweite derartige Zwischenfall in kürzester Zeit. Schon vor einer Woche wurde ein Raiffeisen-Bancomat gesprengt, damals im nur 10 Autominuten entfernten Coldrerio TI.
Mehr als 2000 Geldautomaten attackiert
Das Thema bereitet der Finanzwelt Kopfzerbrechen. Vor wenigen Wochen traf sich die europäische Branchenvereinigung der Zahlungsdienstleister EAST in London. Dabei stand ein Thema im Vordergrund: Die Zunahme der Attacken auf Bancomaten.
Die Zahlen sind eindrücklich: Die Angriffe auf Bancomaten kletterten in Europa in den ersten sechs Monaten dieses Jahr um 21 Prozent. Die gemeldeten Zwischenfälle stiegen von rund 1700 auf fast 2050. Am Anlass in London waren denn auch Polizisten aus Frankreich, den Niederlanden oder Grossbritannien vertreten. Experten aus Italien gaben Auskunft, wie sich solche Attacken künftig vermeiden lassen.
Die Expertise ist gefragt. Um 26 Prozent haben in Europa die Rammattacken auf Geldautomaten zugenommen. Zwischenfälle mit Sprengstoffen stiegen ebenfalls an, wenn auch «nur» um 2 Prozent. Gegen 500 Bancomaten wurden in Europa auf diese Art beschädigt. Der erbeutete Geldbetrag steigt denn auch an. Die gemeldeten Verluste aufgrund der physischen Angriffen belaufen sich laut EAST auf 15 Millionen Euro, das sind rund 3 Millionen Euro mehr als im letzten Jahr.
Erstmals wurde ein Todesfall gemeldet
Den Banken bereiten die Attacken vor allem aus anderen Gründen Sorgen: Sie fürchten um die Sicherheit ihres Personals. Im letzten Jahr habe erstmals ein europäischer Finanzdienstleister ein Todesfall wegen einer Bancomaten-Attacke gemeldet. Zudem würden die Filialen jeweils stark beschädigt.
Das Verfahren ist für die Betrüger äusserst ineffizient. Pro attackiertem Automat betrug die Beute im Schnitt nur gerade 7500 Euro. Lukrativer wäre das Skimming. Bei dieser Betrugsmasche werden an Bancomaten speziellen Apparaturen angebracht, mit denen die Täter die Magnetstreifendaten der Bankdaten kopieren. Gleichzeitig spähen die Betrüger die PIN-Kennzahl aus. Doch ist diese Masche seit Jahren auf Rückzug, dies weil moderne Bancomaten kaum mehr manipulierbar sind. Doch wurden so in den ersten sechs Monaten des Jahres immer noch rund 100 Millionen Euro ergaunert. Fast siebenmal mehr als durch die Attacken auf Bancomaten.
Generell sinkt die Bedeutung der Bancomaten, heisst es auch im Bericht der Branchenorganisation EAST. Zahlkarten und Bezahl-Apps machen dem Bargeldbezug Konkurrenz. Das gilt auch für die Schweiz. Um drei bis vier Prozent pro Jahr gehen die Bargeldbezüge am Bancomaten zurück, sagte ein hochrangiger Schweizer Banker kürzlich. Darum nimmt auch die Zahl der Geldautomaten eher ab.
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