Tanzfestival in der Roten FabrikBewegung tut gut – und unsere Lieblingsanarchos sind auch dabei
Karrieren beginnen mit der Mini-Playback-Show im Warenhaus. Mit dem Yeah-Yeah-Yeah-Festival startet das Fabriktheater durch.

«Spinnen wir eigentlich?» Es sei ein hirnrissiges Unterfangen, in diesen unsicheren Zeiten überhaupt Theater, geschweige denn ein internationales Tanzfestival zu veranstalten, sagen Silvie von Kaenel und Michael Rüegg vom Fabriktheater der Roten Fabrik.
Sie spinnen aber nicht, sie tun es einfach, «das müssen wir uns leisten». Denn Tanz ist mehr als nur eine schöne Bewegung.
Aber es braucht Neugierde. «Puah ey! Tanz?! Nee lass mal. Tanz versteh ich wahrscheinlich eh nicht, und darum schau ich mir das lieber gar nicht an.» Das Fabriktheater kennt die Vorbehalte des Publikums. Und kontert mit «Yeah Yeah Yeah». Das Festival startet, nach einer langen Pause, so richtig durch. Und alles soll gut werden: «Mitreissend, ungefiltert, lebensbejahend und abgründig.» Eben Yeah!
Sehnsucht nach Körperlichkeit
Wir sind zurück zu Hause, quasi «Back Home». Mit Tanzfaktor, einem wilden Potpourri der Schweizer Tanzszene, beginnt das Festival. Es gibt vier Kurzstücke auf einen Schlag. Eben «Back Home» der Luca Signoretti Dance Company aus Luzern. Mit «Remember Me, Like This» der Company Snorkel Rabbit, einer Choreografie von Alba Castillo aus Basel. Mit «Search» von Lucas del Rio, dito. Mit «Pas de deux» von Lisa Laurent und Mattéo Truttat aus Genf.

Man könnte sagen: Uns sagen die Namen nicht viel. Wir sehen aber, was sich in der Szene tut. Und es scheint, dass der Tanz Antworten gibt auf Fragen, die uns bewegen: Wie gehe ich mit Distanz um? Wie mit Nähe? Was verbindet mich mit den anderen? Wer tanzt, nimmt die Umgebung in sich auf. «Es gibt eine Sehnsucht nach Körperlichkeit, gerade in den Zeiten der Selbstisolation», sagen Silvie von Kaenel und Michael Rüegg.
Das Festival ist mehr als ein Pop-up. Denn zu den eingeladenen Künstlerinnen und Künstlern haben die Yeah-Yeah-Yeah-Macher eine enge Beziehung, Kontinuität ist das Ziel. Da ist zum Beispiel die Tänzerin Ilona Kannewurf, Tochter einer Afrikanerin und eines Europäers. Sie zeigt in ihrem Stück «When You Move Like That» den Weg auf die Bühne: vom ersten Auftritt in einer Mini-Playback-Show in einem Warenhaus über Tanzbattles im Hip-Hop-Club.
Bereits zum vierten Mal tritt die Truppe Hodworks um die ungarische Choreografin Adrienn Hód am Festival auf, sie präsentieren jetzt «Another Dance Show». «Es sind unsere Lieblingsanarchos aus dem Orban-Land», sagt das Fabriktheater. Sie zeigen mit ihrer Kunst, wie man ein Eismeer, das auch uns umgibt, aufbrechen kann.
Tanzfaktor Fr 28.1., 20 Uhr, Festival bis 12.2. Fabriktheater, Seestr. 395, rotefabrik.ch
Stefan Busz ist Redaktor im Ressort Zürich Leben, seine Spezialgebiete sind Theater und die Alltagskultur. Er hat in Zürich Germanistik, Slavistik und Literaturkritik studiert.
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