Bidens grösstes Problem: Seine Ukraine-Connection
Trump prophezeite dem US-Präsidentschaftskandidaten Joe Biden einen schmutzigen Wahlkampf – und gräbt jetzt in seiner Vergangenheit.

Vor gerade einmal einer Woche hat Joe Biden seine Kandidatur für die US-Präsidentschaftswahl 2020 bekannt gegeben – und sich sogleich an die Spitze der Bewerber gesetzt. 39 Prozent der demokratischen Wähler würden derzeit für den langjährigen Senator und Ex-Vizepräsidenten an der Seite von Barack Obama stimmen. Beobachter sind sich sicher: Dieser Mann kann Donald Trump gefährlich werden.
Das sieht der Amtsinhaber anscheinend genauso. Sonst wäre Biden nicht zur bevorzugten Zielscheibe von Angriffen Trumps geworden. «Willkommen im Rennen, schläfriger Joe», schrieb der US-Präsident kurz nach Ankündigung der Kandidatur. «Ich hoffe nur, du hast die Intelligenz, um einen erfolgreichen Wahlkampf zu bestreiten.»
«Es wird ekelhaft», fügte Trump noch an und prophezeite damit schon, wie schmutzig der Wahlkampf werden dürfte. In den letzten Wochen liessen er und seine Wähler keine Gelegenheit aus, um den Herausforderer schlecht zu machen. «Ich kenne Biden seit längerem. Er ist nicht gerade die hellste Leuchte», doppelte Trump in einem Interview mit dem TV-Sender Fox News nach.
Schon bevor Biden seine lange erwartete Kandidatur verkündet hatte, wurde er angegriffen. Anfang April tauchten Bilder auf, die ihn mit verschiedenen Frauen zeigten. Und immer schien der Körperkontakt etwas zu eng zu sein – ein gefundenes Fressen für seine Gegner. Aus «Sleepy Joe» wurde «Creepy Joe», der unheimliche oder schmierige Joe also. Auch Trump retweetete entsprechende Posts.

Eine der betroffenen Frauen verteidigte Biden ausdrücklich. Es sei kein unangemessener Moment gewesen, sondern eine nette Geste unter guten Freunden, sagte Stephanie Carter, die Frau des früheren Verteidigungsministers Ashton Carter, zum Foto, das während dessen Vereidigung aufgenommen wurde. Trotzdem ist Bidens Ruf seither angekratzt.
Sein grösstes Problem im Wahlkampf könnten allerdings nicht Belästigungsvorwürfe werden, sondern seine Verbindungen zur Ukraine. Der Fall schien ad acta gelegt. Doch nun wird Biden von seiner Vergangenheit eingeholt – auch weil Verbündete von Trump das Ganze wieder aufrollen, wie Berichte amerikanischer Medien zeigen.
«Ich habe bei Ermittlungen gegen Burisma keine Rolle gespielt.»
2016 war Biden als US-Vizepräsident in Kiew zu Gast und drohte dem damaligen Präsidenten Petro Poroschenko mit der Blockierung amerikanischer Kredite, falls der ukrainische Generalstaatsanwalt nicht entlassen werde – angeblich, weil dieser korrupt war. Doch später kam heraus: Der gefeuerte Staatsanwalt leitete gerade Korruptionsermittlungen gegen den ukrainischen Gaskonzern Burisma, für den damals auch Bidens Sohn Hunter arbeitete.
Biden streitet ab, seinem Sohn geholfen, ja überhaupt von dessen Engagement gewusst zu haben. Es sei nur um die Interessen der USA gegangen, sagt er. Auch Hunter Biden behauptet, niemals mit seinem Vater über das Geschäft seiner Firma gesprochen zu haben. «Ich habe bei Ermittlungen gegen Burisma keine Rolle gespielt», schrieb er am Mittwoch in einem Statement.
Jetzt sind laut der «New York Times» aber neue Details aufgetaucht, die Hunter Bidens Beteiligung an der Sache zeigen. Dieser war demnach Teil eines umfangreichen Versuchs von Burisma, gut vernetzte US-Demokraten an Bord zu holen, als ukrainische und auch amerikanische Ermittlungen gegen die Firma liefen.

Es ist kein Zufall, dass die Geschichte just in dem Moment wieder aufgerollt wird, als Joe Biden seine Präsidentschaftskandidatur bekannt gegeben hat. Verbündete von Trump haben ihre Finger im Spiel. Rudolph Giuliani, der Anwalt des US-Präsidenten, hat den aktuellen ukrainischen Generalstaatsanwalt nach eigener Aussage mehrmals dieses Jahr in New York getroffen. Und dieser nahm die Ermittlungen gegen Burisma im März wieder auf.
«Das alles hat wegen einer möglichen ukrainischen Beteiligung in den Russland-Ermittlungen angefangen und nicht wegen Biden», versicherte Giuliani der «New York Times». Er habe die Angelegenheit schon mehrere Male mit Trump besprochen. Der US-Präsident selbst schlug kürzlich vor, dass sich Justizminister Bill Barr das Material anschauen sollte, das die ukrainischen Staatsanwälte gesammelt haben.
«Es gab nie eine Diskussion über seinen Sohn.»
Das Wahlkampfteam von Joe Biden wirft Trump und seiner Entourage politisch motiviertes Verhalten vor, dass lediglich dazu diene, einem Konkurrenten schaden zu wollen und von den eigenen Problemen abzulenken. «Giulianis Absichten sind durchschaubar», sagt sein Sohn Hunter.
Unterstützung bekommt er von Amos Hochstein, der früher als Koordinator im US-Aussenministerium zusammen mit Vizepräsident Joe Biden an Ukraine-Themen arbeitete. «Ich war an fast jedem Meeting, das Biden mit Präsident Poroschenko hatte, ich war bei den meisten Telefongesprächen dabei. Und es gab nie Diskussion über seinen Sohn oder Burisma», sagte Hochstein der «New York Times».
Dennoch wird sich Biden unangenehme Fragen gefallen lassen müssen: Hat er absichtlich versucht, seinem Sohn zu helfen, indem er die Entlassung des ukrainischen Staatsanwalts forcierte? Hat er persönliche Interessen über diejenigen seines Landes gestellt und sein Amt missbraucht? Beweise dafür gibt es noch keine. Aber die Ukraine-Connection seines Sohnes könnte für Biden zum entscheidenden Stolperstein auf dem Weg ins Weisse Haus werden.
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