Birkenstock legt sich mit Amazon an
Warum der Gesundheitslatschen-Hersteller die Zusammenarbeit mit Amazon gekündigt hat und den Onlinegiganten dabei kritisiert.

Sie gelten als der Gesundheitsschuh schlechthin: Birkenstock-Sandalen. Spalten sich die Meinungen über ihre Ästhetik, sind die Schuhe aber zunehmend im Massenmarkt angekommen. Von Model Cara Delevigne bis zur Schauspielerin Jessica Alba: Alle tragen sie Birkenstock. Fans können die Gesundheitslatschen mittlerweile über den Onlinehändler Amazon kaufen, Bestellungen über den Amazon.de-Shop werden auch in die Schweiz ausgeliefert. Damit soll nun allerdings Schluss sein: Birkenstock hat die Zusammenarbeit mit Amazon in Europa aufgekündigt.
«Birkenstock und die mit ihr verbundenen Unternehmen beenden mit Wirkung zum 1. Januar 2018 die Geschäftsbeziehungen mit Amazon EU», teilt das Unternehmen in einer Mitteilung mit. «Von diesem Zeitpunkt an stellt Birkenstock die direkte Belieferung der in Luxemburg ansässigen Europa-Tochter des US-Onlinehändlers vollständig ein.» Der Grund: Über die Plattform wurden Fälschungen verkauft. Wiederholt seien über den von Amazon betriebenen Marketplace minderwertige Produktfälschungen angeboten worden, die Markenrechte von Birkenstock verletzt hätten, so das Unternehmen.
«Amazon schaut weg»
Birkenstock habe Amazon mehrfach auf Anbieter von Produktkopien hingewiesen. «Doch anstatt dem kriminellen Treiben von Marken- und Produktpiraten auf dem Marketplace konsequent ein Ende zu setzen, schaut Amazon weg oder wird nur auf unser Drängen hin aktiv», schrieben die Chefs des deutschen Familienunternehmens, Oliver Reichert und Markus Bensberg, laut Bild am Sonntag an ihre Mitarbeiter.
Aus der Zusammenarbeit mit anderen Onlinehändlern wisse man, dass es technisch und organisatorisch möglich sei, derartigen Verstössen einen Riegel vorzuschieben – «vorausgesetzt der Wille ist da», heisst es weiter. Man denke auch über rechtliche Schritte gegen Amazon nach. Der Schuhhersteller soll laut Bild sogar einen Wirtschaftsermittler engagiert haben, der undercover Fälscher finden soll. Dieser soll mit der Polizei kooperieren.
Hamsterkäufe bei Dritthändlern
Amazon teilt auf Anfrage lediglich mit: «Amazon duldet keine gefälschten Produkte und deren Angebot auf Amazon Marketplace ist laut unseren Teilnahmebedingungen nicht erlaubt. Erlangen wir Kenntnis über eine Ware, die gegen unsere Teilnahmebedingungen verstösst, entfernen wir das Produkt umgehend und ergreifen entsprechende Massnahmen gegenüber dem Verkäufer».
Birkenstock hatte im Januar bereits die Belieferung von Amazon in den USA eingestellt, geht aus der Mitteilung des Unternehmens hervor. In den USA hatte der Lieferstopp des Schuhherstellers dazu geführt, dass Amazon sich bei Dritthändlern mit Birkenstock-Produkten eingedeckt hat. Dave Kahan, US-CEO von Birkenstock, nannte diese Strategie armselig und einen «Angriff auf den Anstand» («assault on decency»). Er warnte Händler davor, ihre Ware an Amazon zu verkaufen. «Wer auch nur ein einziges Paar verkauft, wird für immer geschlossen», schrieb Kahan in einer E-Mail an seine Vertriebspartner. Theoretisch könnte es auch in Europa zu ähnlichen Hamsterkäufen kommen.
Schutz für Luxusmarken
Abzuwarten bleibt auch, ob weitere Marken es Birkenstock gleichtun und die Zusammenarbeit mit Amazon aufkünden. Besonders Luxusmarken kämpfen mit dem Problem von Fälschungen. Brands wie Lagerfeld und Moschino verkaufen erst nach einigem Zögern über den US-Händler.
Der Europäische Gerichtshof urteilte letzte Woche aus diesem Grund letzte Woche: Hersteller von Luxusprodukten dürfen ihren Vertragshändlern verbieten, die Waren über eine Drittplattform wie Amazon oder Ebay zu verkaufen. So soll das Luxusimage der Ware sichergestellt werden. (Urteil Az. C-230/16).
Grössenordnung Tally Weijl
Amazon hat kein Interesse daran, Marken zu verlieren. Zuletzt war der Onlineriese in den Fashion-Bereich vorgeprescht. «Mode gehört zu den am schnellsten wachsenden Kategorien bei Amazon. Wir sind erst in der Anfangsphase einer sehr langen Investition», sagte Susan Saideman, Vizepräsidentin von Amazon Fashion Europa, in einer Mitteilung. In den USA hat der Händler laut einer Studie von Morgan Stanley bereits den zweitgrössten Marktanteil im Fashionbereich hinter Walmart.
«Mode gehört zu den am schnellsten wachsenden Kategorien bei Amazon.»
Auch in Europa könne man davon ausgehen, dass Amazon im Modebereich bereits so gross sei wie Zalando, sagte Retail-Experte Nordal Cavadini von der Beratungsfirma Oliver Wyman zuletzt zur Handelszeitung. Auch in der Schweiz könnte Amazon mit Mode bereits ordentlich Umsatz machen: Thomas Lang, Chef des Onlineportals für E-Commerce Carpathia, zufolge könnte Amazon mit Mode in der Schweiz bereits um die 75 Millionen Franken umsetzen, sagte er der «Handelszeitung». Der US-Händler befinde sich damit in der Grössenordnung von Herren-Globus oder Tally Weijl.
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Video: EU brummt Amazon Steuernachzahlung auf
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