
Eigentlich weiss man es ja: Zu viel Zucker macht dick und krank. Trotzdem konsumieren wir mehr als doppelt so viel wie empfohlen. Lebensmittelhersteller setzen Zucker als billige Zutat überbordend ein: in Limonaden, Müeslis, Joghurts und selbst in herzhaften Speisen, wo man ihn nicht erwartet. Jetzt hat das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen Massnahmen publik gemacht, wie der Zuckerkonsum hierzulande gesenkt werden soll. Es ist kein Paukenschlag.
Was vor allem fehlt: die Einführung einer Zuckersteuer auf Süssgetränke. Schade. Die Weltgesundheitsorganisation fordert schon seit 2016 diese Abgabe auf zuckerhaltige Getränke. In Grossbritannien sorgt diese Massnahme dafür, dass die Limonadenhersteller die Rezepte anpassen, um der Steuer zu entgehen. Manche ihrer Limonaden enthalten nun nicht einmal mehr halb so viel Zucker wie in der Schweiz. Vorbilder gäbe es also.
Aber das Volk will hierzulande keine Zuckersteuer. Die Begründung: Sie träfe vermehrt die Ärmeren. Das aber ist kein Argument. Denn gerade für sozial Schwächere oder Schlechtergebildete wäre die Steuerung über den Preis eine Möglichkeit, auf gesündere Lebensmittel umzustellen. Dazu müssten dann im Gegenzug Obst und Gemüse tiefer besteuert werden.
Die Kunden besser informieren
Der Bundesrat hält jedoch fest: Staatliche Regulierungen sind in der aktuellen Ernährungsstrategie nicht vorgesehen. Die Politik setzt auf das freiwillige Engagement der Industrie. Es bleibt also nur der Weg, mit den Herstellern den Dialog zu suchen. Dieses Vorgehen ist langwierig und der Erfolg überschaubar. Ein Beispiel ist die Verpflichtung von bisher 14 Schweizer Lebensmittelherstellern, den Zuckergehalt einzuschränken.
Es kann nicht angehen, dass Konsumenten Grundlagen in Chemie benötigen, um zu prüfen, ob ein Produkt tatsächlich «zuckerreduziert» ist.
Die Vereinbarung deckt immerhin zwei wichtige Produkte ab: Joghurts und Cerealien. Das ist ein Anfang. Aber wenn durchschnittlich pro Becher Fruchtjoghurt dann Ende 2024 noch immer drei Zuckerwürfel enthalten sein sollen, ja dann ist das kein grosser Wurf.
Eine andere Massnahme wäre wirksamer: die unabhängige Information der Kunden. Auch wenn in den vergangenen Jahren immer mehr Zutaten im Kleingedruckten auf den Verpackungen von Lebensmitteln aufgeführt wurden – verständlicher sind die Listen nicht geworden. Im Gegenteil: Es kann nicht angehen, dass Konsumenten Grundlagen in Chemie benötigen, um zu prüfen, ob «zuckerreduzierte» Produkte tatsächlich weniger Zucker enthalten oder einfach andere Zuckerarten. Und selbst so natürlich klingende Alternativen wie Agavendicksaft, Kokosblütenzucker oder Honig werden im Körper letztlich zu Glucose und Fructose abgebaut und liefern ebenso reichlich Energie wie unser Haushaltszucker aus Zuckerrüben.
Mit dem Ampelsystem ein Schritt vorwärts
Klar besser sind verständliche und einleuchtende Kennzeichnungen wie das «Sportlabel» Pace. Auf der Verpackung einer Tafel Milchschokolade steht dann: Enthält 500 Kilokalorien, so viel, wie man mit etwa einer Stunde joggen verbraucht; oder die Kalorien einer Pizza verbrennt man nach 45 Minuten rennen. Bei einem Salat hingegen reichen schon 15 Minuten spazieren gehen. Solche Angaben haben Wissenschaftler in Studien getestet. Vielen Konsumenten half das, ihr Essverhalten zu überdenken.
Immerhin bei der Kennzeichnung tut sich nun etwas – auf Initiative der Industrie: Danone und Nestlé sind dabei, in der Schweiz auf ihren Produkten ein Ampelsystem einzuführen, wie es Konsumentenschützer seit Jahren fordern. Es heisst Nutri-Score und ist seit zwei Jahren in Frankreich gebräuchlich. Die Bewertung durch fünf Farben geht über eine reine Kennzeichnung von Zucker hinaus. Nutri-Score wiegt bei einem Produkt zudem die Anzahl der Kalorien und den Fett- und Salzgehalt im Vergleich zu gesunden Anteilen wie etwa Ballaststoffen ab.
Die Einführung von Nutri-Score ist endlich ein grosser Schritt in die richtige Richtung. Wirksam ist die Massnahme aber nur, wenn möglichst viele andere Hersteller freiwillig mitmachen. Oder durch den Gesetzgeber dazu gedrängt werden.
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Bitte Zucker kennzeichnen und reduzieren – aber richtig
Die bisherigen Massnahmen, die uns helfen sollen, weniger Zucker zu uns zu nehmen, sind ungenügend.