«Blocher war Trump vor Trump»
Steve Bannon absolvierte in Zürich seinen ersten öffentlichen Auftritt in Europa. Die Schweiz bezeichnete er als ein Ursprungsland der populistischen Revolte.
US-Präsident Donald Trump hat Steve Bannon längst aus seiner Welt verbannt. Bei der «Weltwoche» hingegen ist der einstige Chefstratege des Weissen Hauses herzlich willkommen. In der Wochenzeitschrift von SVP-Nationalrat Roger Köppel durfte Bannon in grossen Interviews seine Ideen über die Notwendigkeit von populistischen Revolten ausbreiten. Und am Dienstagabend bot ihm Köppel in Zürich die Bühne für seinen ersten öffentlichen Auftritt in Europa.
Der 64-jährige Ex-Topberater von Trump traf auf ein Publikum, das ihm durchaus wohlgesonnen war und ihm immer wieder Applaus spendete. Bannon sagte auch viele Dinge, die das «Weltwoche»-nahe Publikum gerne hörte. Er wetterte gegen das Polit-Establishment und die globale Elite, oder auch gegen zu grosszügige Immigrationspolitik und die Mainstream-Medien. Nicht zuletzt lobte Bannon die direkte Demokratie in der Schweiz und vor allem das EWR-Nein der Schweizer im Jahr 1992. Dabei erwähnte er Christoph Blocher, der als einer der allerersten Politiker gegen das Polit-Establishment und für die Souveränität seines Landes gekämpft habe. «Blocher war Trump vor Trump», sagte Bannon. Das EWR-Nein sei ein gutes Beispiel für die populistische Revolte.
Video - Kritisches Fazit des Publikums
Nicht alle waren von Bannons Auftritt begeistert. Video: SDA/Tamedia
«Wenn sich Brüssel nicht dramatisch ändert, gibt es die EU bald nicht mehr»
In einem kurzweiligen politischen Tour'd'horizon, inklusive Seitenhiebe gegen politische Gegner wie den «korrupten Clinton-Clan», erwähnte Bannon den Brexit-Erfolg und die Trump-Wahl im vorletzten Jahr, die Entwicklungen in Polen und Ungarn, den Vormarsch der AfD in Deutschland und zuletzt die Wahlerfolge der Anti-System-Parteien wie Lega und Fünfsternebewegung in Italien. Fast zwei Drittel der Italiener hätten gegen das Establishment gestimmt, das sei sehr bemerkenswert. «Wir werden nicht jede Wahl gewinnen», sagte Bannon, «aber das Momentum ist auf unserer Seite.» Die Revolte gegen das Establishment finde überall auf der Welt statt. «Wenn sich Brüssel nicht dramatisch ändert, im Sinne der Bürger, dann gibt es die EU bald nicht mehr.»
Schauplatz von Köppels Bannon-Show war die ausverkaufte Halle 622 hinter dem Bahnhof Zürich-Oerlikon. Über 1000 Zuschauer verfolgten den Auftritt des amerikanischen Präsidentenmachers. Ein grosser Teil des mehrheitlich männlichen Publikums bestand wohl aus «Weltwoche»-Lesern. Eine ältere Frau sagte, dass sie aus Neugier gekommen sei. Über Bannon werde so viel geschrieben und gesagt, jetzt wolle sie sich persönlich ein Bild über ihn machen. Andere gaben sich als Köppel-Sympathisanten zu erkennen, oder sie sagten, dass sie sich für amerikanische Politik interessierten.
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Video - «Bannon hau ab»
So verlief die Demo gegen den Auftritt des früheren Trump-Chefstrategen. Video: Tamedia/SDA
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Mit dem «Teufel» auf Tuchfühlung
Mit dem Engagement von Bannon gelang der «Weltwoche» im Rahmen ihrer Gesprächsreihe «on the road» ein veritabler PR-Coup. Eingangs des Bannon-Abends versprach ein sichtlich bestens gelaunter Köppel einen «Gipfel der freien Rede». Weil die «Weltwoche» der freien Rede verpflichtet sei und an die Kraft der Argumente glaube, habe sie den umstrittenen US-Nationalisten nach Zürich eingeladen. «Als ich zum ersten Mal über Bannon gelesen habe, dachte ich, das sei der Teufel», erzählte Köppel. «Ich wollte den Teufel kennenlernen.» Nachdem er Bannon kennengelernt habe, könne er sagen, «dass er kein Teufel ist, sondern ein höchst interessanter Mensch.»
Der Zürcher Abend mit Bannon dauerte rund 90 Minuten. Die ersten Leute waren bereits zwei Stunden vor Beginn der Veranstaltung vor der Halle 622 erschienen. Hineingelassen wurden nur Personen, die sich angemeldet hatten und ID oder Reisepass vorwiesen. Der Weg in den Veranstaltungsraum führte durch Sicherheitskontrollen wie am Flughafen. Getränkefläschchen waren ebenso verboten wie Rucksäcke und grössere Taschen. Das rigorose Sicherheitskonzept sei nicht von Bannon verlangt, sondern nach Gesprächen mit der Polizei beschlossen worden, sagte Florian Schwab, «Weltwoche»-Redaktor und Medienverantwortlicher für diesen Anlass. Wieviel Honorar Bannon für seinen Zürcher Auftritt erhält, wollte Schwab nicht verraten.
Über 70 Journalisten von nationalen und internationalen Medien berichteten über den Bannon-Auftritt. Auch US-Medien waren vor Ort, etwa «Politico», «The New Yorker» und Breitbart News. Bannon hatte Breitbart zu einem erfolgreichen Kampfmedium gemacht. Im Januar musste er seinen Posten als Vorsitzender der ultrarechten Webseite abgeben, nachdem er sich im Enthüllungsbuch von Michael Wolff («Feuer und Zorn») despektierlich über die Trump-Familie geäussert hatte.
Lob für den Zuhörer Trump
Im Gespräch mit Köppel und bei Fragen aus dem Publikum lobte Bannon den US-Präsidenten, der ihn im letzten August gefeuert hatte. «Sloppy Steve», «schlampiger Steve», wie Trump getwittert hatte, verteidigte die umstrittene Handelspolitik der USA. Trump wolle fairen Handel, Strafzölle seien ein Anfang auf dem Weg dahin. Schliesslich betonte Bannon, dass Trump alles andere sei als ein Autokrat oder ein Diktator. «Trump ist ein Mensch, der sehr gut zuhören kann. Er mag den Wettbewerb der Meinungen und Ideen.» Dass Bannon Trump lobte, überraschte eigentlich nicht: Schliesslich hatte er ihn zum Präsidenten gemacht.
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