Bloss ein leeres Versprechen
Bundesrat Johann Schneider-Ammann will den Freihandel nachhaltiger gestalten. Das kaufen ihm weder Bauern noch Linksgrüne ab.

Der nächste Partner für das 31. Freihandelsabkommen der Schweiz wird eher nicht Malaysia heissen. Denn der Nationalrat will, dass Palmöl aus den Verhandlungen ausgeschlossen wird. Die überwiesene Motion rügt, Palmölplantagen seien der Hauptgrund für die Abholzung des Regenwaldes auf dem Archipel. Damit sinkt das Interesse des Inselstaats aber markant. Malaysia liefert die Hälfte des in der Schweiz verbrauchten Palmöls. «Dieser Entscheid des Nationalrats ist Bundesrat Johann Schneider-Ammann in die Knochen gefahren», sagt Bauernpräsident Markus Ritter (CVP).
Schneider-Ammann hat bereits reagiert und verspricht mehr Nachhaltigkeit in künftigen Freihandelsabkommen – etwa letzte Woche in der Fragestunde des Nationalrats. Ritter hält das für leeres Geschwätz. Tatsächlich spricht sich sogar das bei Schneider-Ammann angesiedelte Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco) gegen derartige Auflagen aus. Das Seco führt die Verhandlungen für Freihandelsabkommen. Privatrechtliche Labels – etwa RSPO für nachhaltig produziertes Palmöl – als Voraussetzung für eine Vorzugsbehandlung zu verlangen, sei «höchst problematisch», so das Seco.
Ritter sieht sich bestätigt: «Der Bundesrat will am liebsten keine Auflagen.» Wenn er Bauern überzeugen wolle, müssten aber möglichst griffige her. Das in Umweltkreisen umstrittene Label RSPO beispielsweise genüge nicht. Bei anderen Verhandlungen, jenen mit der südamerikanischen Zollunion Mercosur, drängt der Bauernpräsident auf «mit der Schweiz vergleichbare Tierwohlvorschriften» für zollbefreites Fleisch.
Durchschaubare Taktik
Handelsrechtler Christian Häberli kritisiert sowohl die Bauern als auch den Bundesrat. Der Bauernverband halte hinter seinen Argumenten ganz einfach am weltrekordhohen Schweizer Agrargrenzschutz fest. Aber auch das demonstrative Bekenntnis des Bundesrats zu nachhaltigeren Freihandelsabkommen sei zu relativieren: «Der Begriff Nachhaltigkeit wird bewusst schwammig gehalten.» Heute beschränke sich das Engagement auf eine Erwähnung in den Vorbemerkungen eines Freihandelsabkommens, wo dies einer Absichtserklärung gleichkäme.
Im Unterschied zum Seco sieht Häberli, der persönlich für mehr Wettbewerb einsteht, durchaus Spielraum für international vereinbarte ökologische Auflagen. Weil man sich im Graubereich internationalen Rechts bewege, riskiere man aber Anschlussforderungen aus anderen Ländern, ohne den Raubbau zu vermindern. Als die EU den Import von amerikanischem Hormonfleisch ablehnte, musste sie im Gegenzug höhere Importmengen von hormonfreiem Fleisch aus den USA und Kanada akzeptieren. Ähnlich ergeht es der Schweiz im Streit mit der EU um Würzfleisch-Importe. Dort will der Bundesrat nun seinerseits mit einem höheren Importkontingent die EU besänftigen.
Ziel: Bundesrat stoppen
Ritter bleibt hartnäckig: «Freihandelsabkommen sind eine Chance, um den Finger auf ökologische Probleme zu halten.» Beim Seco findet man es falsch, wenn ein Staat dem anderen seine Ansichten aufdrängt. Konsumenten sollten Druck auf Importeure ausüben, wie beim Palmöl: Bereits sei der grösste Teil der Importe RSPO-zertifiziert. Der Staat könne auf internationale Standards hinwirken, indem er etwa die 17 Nachhaltigkeitsziele der UNO unterstütze.
Ritter liefert sich seit geraumer Zeit einen Machtkampf mit dem Landwirtschaftsminister um die Ausrichtung der Agrarpolitik. Zentraler Teil der entsprechenden Gesamtschau sind die Freihandelsabkommen. Nächste Woche möchte er in der nationalrätlichen Wirtschaftskommission (WAK) einen Sieg einfahren. Sein Ziel: den Bundesrat stoppen. Die Kommission soll die Gesamtschau zurückweisen. Den St. Galler SVP-Nationalrat und WAK-Mitglied Toni Brunner weiss er auf seiner Seite. Dieser kündigte im «Schweizer Bauer» Widerstand an.
Rotgrüne Kommissionsmitglieder sind zurückhaltender. Für sie steht im Vordergrund, dass der Verfassungsauftrag des neuen Artikels zur Ernährungssicherheit ernst genommen wird. Dort steht explizit, dass grenzüberschreitende Handelsbeziehungen zur nachhaltigen Land- und Ernährungswirtschaft beitragen sollen. Beat Jans (SP, Basel) und Regula Rytz (Grüne, Bern) vermissen konkrete Umsetzungsvorschläge. «Märkte zu öffnen auf Kosten der Nachhaltigkeit im In- und Ausland, ist keine Option», sagt Rytz. Schneider-Ammanns bisherige Äusserungen dazu grenzten an «Etikettenschwindel».
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