Bös in Senegal
Schwinger Christian Stucki tritt in der neuen SRF-Reisesendung «Chrigu und Seppu» gegen ausländische Ringer an. Kommt das gut?
Den Schweizern die grosse weite Welt zeigen, ist ein Klassiker im Programm von SRF. Mona Vetsch reiste für «Fernweh» durch Indien und andere exotische Länder. Andrea Jansen und Wasiliki Goutziomitros präsentierten «SF unterwegs», die Reisesendung, «zu den schönsten und interessantesten Destinationen der Erde». In den 70ern, wo sich nur Gutbetuchte eine Reise nach Übersee leisten konnten, mochte das spannend sein. Im Billigtourismus-Zeitalter stellt sich die Legitimatimationsfrage: Wozu sind solche Reisesendungen gut? Kann nicht jeder überall hinjetten?
Dem Zuschauer fremde Kulturen näherzubringen, ist eine hehre Absicht und – je nach Sichtweise – auch Auftrag des Service public. Aber dafür Sehenswürdigkeiten abfilmen und die obligatorischen Interviews mit einer Randfigur und einem Spa-Manager machen, um danach ein paar flüchtige Gedanken zur sozialen Ungerechtigkeit zu formulieren, ist zu wohlfeil.
Erfreut nahm man deshalb das neue Format «Chrigu und Seppu» zur Kenntnis. Die Rede ist von Christian Stucki, dem Unspunnensieger, und Sepp Amstutz vom Jodlerklub Wiesenberg. Die gmögigen Typen bereisen verschiedene Länder, wo sich Stucki mit einheimischen Ringern misst. Wahrscheinlich weil Stucki schon auf ähnlicher Mission in Japan war und nicht nur die simple Gmüetsmoore ist, als die er erscheint, hat man ihm Sepp zur Seite gestellt. Dieser unterstützt ihn musikalisch und moralisch, ist also der lustige Sidekick. Ein bisschen wie Bud Spencer und Terrence Hill, der Untertitel der Sendung lautet denn auch «Zwei Fäuste und ein Halleluja».
In der ersten Folge gings nach Senegal, wo die «lutte sénégalaise» der Landessport ist und Tausende junger Männer sich an den Stränden im Ringkampf üben. Geschickt bauten die Sendungsmacher Spannung auf, indem sie Stuckis Kontrahenten, einen Muskelberg von einem Mann, zuerst vorstellten – den Kampf aber erst ganz am Schluss zeigten. Dazwischen sah man, wie Chrigu und Seppu in Stans Abschied von Kühen und Familie nahmen und sich nach Afrika aufmachten, «dort, wo wie bei uns in der Schweiz geschwungen und gesungen wird», so der Offkommentar. Denn natürlich ist diese amüsante Sendung, wie die SRF-Formate «Auf und davon» oder «Jobtausch», nicht nur Fenster zur Welt, sondern auch eine helvetische Nabelschau.
So staunte der Zuschauer gleichermassen über den Dreck und die Armut in Senegal wie über Seppu, der vor der Abreise verkündete, Schokolade und Bier mitzunehmen, denn «das kann man dort wenigstens essen». Ausserdem wurde bei der Ankunft ganz ironiefrei über das schäbige Hotel und das kaputte Taxi gespottet. Doch glücklicherweise entpuppte sich die Doku nicht als realsatirisches Pendant zum Gerhard-Polt-Film «Man spricht Deutsh». Den beiden Schweizern erging es wie den meisten, die sich auf Reise begeben: Sie entkamen sich selbst und spätestens nach einem Jodelduett mit zwei Senegalesinnen und einer Zeremonie, bei der Stucki Körperkontakt mit einem Huhn aufnahm, war es um die Vorurteile geschehen: Chrigu und Seppu lachten und tanzten. «Lustiges Volk, habs schlimmer erwartet», sagte Seppu.
Und der Kampf? Hat Stucki verloren, der senegalesische Champion legte ihn in den Sand. «Chrigu spielte das Spiel mit», so die Interpretation der Sprecherin: «Aus Anstand vor den Gastgebern.» Aha. Mal gucken, ob das im bevorstehenden Kampf gegen einen Österreicher auch drinliegt.
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