Freihandelsabkommen mit den USABoris Johnsons Traum vom Freihandel wird zur Seifenblase
Der britische Premier könnte sich verkalkuliert haben: Bricht London den Brexit-Vertrag mit der EU, wird der US-Kongress auf Druck der irischen Lobby einen Freihandelsvertrag mit Grossbritannien ablehnen.

Wenn der britische Premier Boris Johnson das Brexit-Abkommen mit der Europäischen Union aushebelt und zwischen dem EU-Mitglied Irland und dem britischen Nordirland dadurch eine harte Grenze entsteht, werden sich Johnsons grosse Hoffnungen auf ein Freihandelsabkommen mit den USA wohl kaum erfüllen. Der britische Premier verspricht sich starke wirtschaftliche Impulse von einem solchen Abkommen.
Im Falle eines britischen Vertragsbruchs aber wird sich der US-Kongress querstellen. So sehr Präsident Trump ein Freihandelsabkommen mit London auch unterstützen würde, so müsste ein Handelsvertrag doch vom Kongress ratifiziert werden. Und dort haben führende Demokraten, aber auch republikanische Abgeordnete unmissverständlich erklärt, dass neuerliche Spannungen zwischen Nordirland und der irischen Republik im Gefolge einer harten Grenze eine solche Ratifizierung unmöglich machten.
Hängt vom Karfreitagsabkommen ab
Politiker beider US-Parteien befürchten eine Schwächung des Karfreitagsabkommens von 1998, das wesentlich zur Befriedung der irischen Insel beigetragen hatte und von der Regierung Clinton vermittelt worden war. Nach einem Gespräch mit dem britischen Aussenminister Dominic Raab am Mittwoch bekräftigte die demokratische Kongresssprecherin Nancy Pelosi, es gebe «keine Chance für einen Freihandelsvertrag, wenn das Vereinigte Königreich internationale Vereinbarungen verletzt und das Karfreitagsabkommen gefährdet».
Ebenfalls am Mittwoch warnte der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden, ein Handelsabkommen zwischen den USA und Grossbritannien hänge «von der Respektierung des Karfreitagsabkommens» ab. Eine harte Grenze zwischen Nordirland und Irland dürfe es nicht geben, so Biden.
Einfluss der irischen Lobby unterschätzt
Bereits im vergangenen November hatte das Repräsentantenhaus mit den Stimmen von Demokraten und Republikanern eine Resolution verabschiedet, in der die amerikanische Unterstützung für das Karfreitagsabkommen bekräftigt wurde. Washingtoner Insider glauben, dass die Regierung Johnson den beträchtlichen Einfluss der irischen Lobby in Washington unterschätzt und deshalb nicht mit dem amerikanischen Widerstand gegen eine Aushebelung des Brexit-Abkommens mit der EU gerechnet hat.
Beim letzten US-Zensus 2010 gaben 35 Millionen Amerikaner an, irischer Abstammung zu sein. Mächtige Kongressabgeordnete wie der Republikaner Peter King und der Demokrat Richard Neal vertreten die Interessen dieser Iro-Amerikaner.
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