Brandneu und bereits im Ausverkauf
Den VW Golf gibts in Deutschland mit 20 Prozent Rabatt. Die Konkurrenz wird nachziehen müssen. Ein Experte warnt vor solchen Rabatten, sie seien gefährlich für die gesamte Branche.

Die deutsche Autoindustrie ist kerngesund und erlebt derzeit einen bemerkenswerten Aufschwung. Die Quartalszahlen der grossen Hersteller erfreuen Finanzexperten und Anleger: 2,3 Milliarden Euro hat etwa Audi in den ersten neun Monate des Jahres eingenommen und seinen Gewinn verdoppelt. Noch besser sieht es bei Volkswagen aus: Über 4 Milliarden Euro Gewinn – sechsmal mehr als im Vorjahr. Die Exporte boomen und selbst die von vielen längst tot gesagte Luxusklasse verkauft sich sehr gut, wie die «Financial Times Deutschland» schreibt.
Weltweit läuft es den deutschen Herstellern also bestens. Im Heimmarkt ist vom Aufschwung bis jetzt aber noch nichts zu spüren. Der Markt leidet unter den Nachwehen der Abwrackprämie. Wer einen alten Wagen vor dem Haus stehen hatte, der hat diesen im vergangenen Jahr ersetzt, als ihm der Staat mit einer Umweltprämie von 2500 Euro unter die Armen gegriffen hat. Der Absatz von Nutzfahrzeugen und Dienstwagen hat sich zwar gefangen. Wer aber Autos an Private verkaufen will, der muss derzeit mit massiven Rabatten werben, um die Gunst der gesättigten Autokäufer zu gewinnen.
Der Klassenprimus legt vor
Im deutschen Automarkt hat eine neue Rabattrunde begonnen. Dies zeigt die aktuelle Preisstudie des CAR-Instituts der Universität Duisburg-Essen. Bemerkenswert ist dabei, dass der Preisrutsch vom VW Golf VI losgetreten wurde. Der Klassenprimus wird bei Internetvermittlern derzeit mit bis zu 20 Prozent Rabatt angeboten. VW hat die selbstauferlegte Zurückhaltung mit Rabatten aufgegeben. Bislang hielt sich Volkswagen mit offiziellen Rabattaktionen zurück, um die Restwerte gebrauchter Fahrzeuge stabil zu halten. Die Internetvermittler offenbaren nun aber schonungslos die versteckten Spielräume der Händler. Bei ihnen gibt es die massiven Rabatte nicht nur für einige ausgesuchte Ausstattungen, sondern für alle Golf-Varianten. 20 Prozent sind ein Spitzenwert, im Durchschnitt sind es 18 Prozent, wie die «Financial Times Deutschland» weiter schreibt.
Ferdinand Dudenhöffer, Professor der Universität Dortmund/Essen und Verfasser der Studie, warnt vor langfristigen Auswirkungen der direkten Rabatte. Sie prägten das Bewusstsein der Käufer nachhaltig und erschwerten die Rückkehr zu normalen Konditionen. «Bei direkten Rabatten hat der Kunde ein Elefantengedächtnis», meinte der Automobil-Experte zur Nachrichtenagentur DAPD. Der Heimatmarkt bleibe für die deutschen Hersteller trotz Aufschwungs und aller Exporterfolge schwierig. Er stellt einen neuen Trend fest: «Statt komplexer Service- und Versicherungspakete bieten die Hersteller heute lieber direkte Rabatte und Extra-Prämien für in Zahlung gegebene Gebrauchtwagen an», sagte er.
Selbst Premium-Marken werden nachziehen müssen
Die Rabatt-Offensive von VW wird Folgen haben: Im deutschen Automarkt ist der Golf dermassen stark, dass sein Preisverfall alle Wagen der Kompaktklasse massiv unter Druck setzt. Konkret: Vom Golf wurden im dritten Quartal 2010 in Deutschland 55'961 Stück verkauft, vom direkten Konkurrenten Opel Astra deren 15'836. Die restlichen Anbieter werden nachziehen müssen, um nicht noch mehr Terrain auf den meist verkauften Kompakten einzubüssen. Selbst Premium-Marken werden sich laut der Studie dem Abwärtssog nicht entgegenstellen können. Und prompt: Bei Audi liegen 15 Prozent Nachlass drin, wenn man über einen Internetvermittler kauft. Bei BMW ist der Preiszerfall noch massiver: Bei der 1er- und 3er-Reihe gibt es laut der Studie ebenfalls 20 Prozent.
Die grössten Rabatte sind der Auswertung zufolge aber weiterhin bei den Importeuren zu finden. Fast ein Drittel (32,1 Prozent) auf die Preisempfehlung gebe es derzeit bei Nissan. Es folgen Modelle von Peugeot, Citröen und Honda. Preisaggressivster deutscher Anbieter sei Opel. Das CAR-Institut hat 317 Aktionen der Industrie registriert und ausgewertet.
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