Braucht es am Utoquai mehr Überwachungskameras?
Nach den Ausschreitungen vom Osternwochenende sei das Mass erreicht, sagt die Polizei. Die Politik will ein härteres Vorgehen gegen die Krawallmacher.
Brennende Container, fliegende Glasflaschen, Tränengas und Wasserwerfer: Auf die Ausschreitungen vom Osterwochenende an der Zürcher Seepromenade folgen von Politik und Polizei weitere Rufe nach Massnahmen.
«Die Ausschreitungen übers Osterwochenende haben das Mass der tolerierbaren Aggression am Utoquai überschritten», sagt Stadtpolizei-Sprecher Marco Cortesi zur «NZZ am Sonntag». Laut Cortesi hat die Polizei nach Ostern eine Lagebeurteilung durchgeführt und zusätzliche Massnahmen geprüft. Welche Art von Massnahmen bleibt indes unbeantwortet.
Die meisten jungen Besucher, die in die Stadt strömen, kommen aus der Agglomeration. Experten sagen, dass die Anonymität, gepaart mit Alkohol die Hemmschwelle massiv sinken lässt. Deshalb müsse man diese Anonymität – vor allem mit Kameras – aufbrechen, fordert FDP-Gemeinderat Severin Pflüger.
Seit 2013 betreibt die Stadtpolizei in der Innenstadt vier fest installierte Videoanlagen. Ursprünglich waren 19 Kameras vorgesehen. 2013 hatte der damalige Polizeivorsteher Wolff das Projekt gestoppt. Der Datenschutz sei höher zu gewichten als der polizeiliche Nutzen. Lediglich die vier bereits montierten Kameras am Bellevue, beim Bernhard-Theater, am Bürkliplatz und beim Stadthausquai blieben erhalten. Doch diese werden bisher nur für Grossanlässe genutzt.
«Diese Kameras könnten bei Bedarf an einem Samstagabend auf Knopfdruck eingeschaltet werden», sagt Pflüger der «NZZ am Sonntag.»
Gefordert ist Zürichs Sicherheitsvorsteherin Karin Rykart. Bereits im November hatte sie dem Einsatz von Bodycams bei der Stadtpolizei zugestimmt; die Vorlage wird derzeit im Gemeinderat behandelt. Auch befürwortete Rykart den Einsatz von temporär aufgestellten Videokameras, welche an Hotspots installiert würden; die Seepromenade sei ein solcher Hotspot, hatte sie im August 2018 gesagt.
Rykart müsse sich aber alsbald auch zu den fest installierten Kameras äussern, fordern Politiker, denn noch ist die Frage unbeantwortet, ob an der Seepromenade Kameras geplant sind.
Mehr Präsenz
Deren Wirkung sei bei grossen Menschenmengen fraglich, findet hingegen SP-Gemeinderat Pascal Lamprecht. Gerade Rädelsführer könnten Kameras leicht umgehen. Lamprecht fordert insbesondere mehr Polizeipräsenz am Seeufer: «Und zwar mit freundlichem, aber dennoch bestimmtem Auftreten und auch nicht erst, wenn die Stimmung kippt.»
Jugendpsychologe Allan Guggenbühl findet, dass sowohl mehr Dialog wichtig sei als auch ein imposanterer Auftritt der Polizei. In der Schweiz müsse glücklicherweise keiner Angst vor der Polizei haben – «aber Jugendliche nehmen sie oft nicht ernst, wenn sie ihre Autorität nicht auch durch die Uniform inszeniert».
Mehr Autorität gegen die Chaoten am See will auch SVP-Gemeinderat Stephan Iten. Zudem fordere seine Partei beschleunigte juristische Verfahren, «gleich wie es die Behörden seit längerem bei Fussball-Hooligans mit sogenannten Schnellgerichten tun.»
Allan Guggenbühl sieht einen entscheidenden Vorteil bei schnelleren juristischen Verfahren: «Wenn der Bescheid bei einer Straftat erst nach einem Jahr kommt, verpufft die abschreckende Wirkung.» SP-Politiker Lamprecht sieht in Schnellgerichten eine rechtsstaatliche Fragwürdigkeit. Die Schnelligkeit dürfe nicht die oberste Maxime sein. Sorgfalt und Fairness müssten stets gewahrt werden.
Laut Katharina Prelicz-Huber, Grüne Gemeinderätin und Präsidentin der Offenen Jugendarbeit Zürich (OJA) ist auch die Jugendarbeit in Zürich gefordert. Die Stadt habe bisher befunden, es brauche kein zusätzliches Angebot für Jugendliche aus der Agglomeration. Die Jugendarbeit müsse neue Methoden prüfen, um auf die Anonymität und den Alkohol am See zu reagieren, so Prelicz-Huber in der «NZZ am Sonntag».
Aber auch die Gemeinden müssten ihren Beitrag leisten, «und wo nötig ihr Angebot ausbauen – damit gerade die ganz jungen Teenager zu Hause Alternativen haben und nicht nach Zürich kommen.» Für die städtischen Leistungen sollten die Gemeinden zudem mehr in den Lastenausgleich zahlen, so Prelicz-Huber.
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