Breivik wollte die ehemalige Ministerpräsidentin enthaupten
Er habe auf Utöya eigentlich die frühere norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem entführen und töten wollen, sagte Anders Behring Breivik heute aus. Am vierten Prozesstag verhielt er sich anders als zuvor.
Der geständige Massenmörder Anders Behring Breivik wollte während des von ihm verübten Massakers auf der Insel Utöya nach eigenen Angaben die frühere norwegische Ministerpräsidentin Gro Harlem Brundtland entführen und ihr den Kopf abschlagen. Die Enthauptung der ehemaligen Regierungschefin und einstigen Vorsitzenden der Arbeiterpartei habe er filmen und das Video anschliessend im Internet veröffentlichen wollen, sagte Breivik heute vor Gericht.
Brundtland hatte das Jugendlager der Arbeiterpartei auf Utöya bereits verlassen, als der 33-jährige Attentäter am 22. Juli dort eintraf. Zu seinen Plänen für Brundtland hätten ihn Enthauptungen inspiriert, die vom Terrornetzwerk al-Qaida verübt würden, sagte der rechtsextreme Breivik. Die Enthauptung sei aber «eine traditionelle europäische Todesstrafe. Sie sollte als sehr mächtige psychologische Waffe eingesetzt werden», sagte er.
Anschlag auf Königspalast geplant
Während des vierten Prozesstags erklärte Breivik, er habe ursprünglich drei Bombenanschläge in der norwegischen Hauptstadt Oslo geplant. Unter anderem habe er eine Bombe am Königspalast zünden wollen. Allerdings habe er gemerkt, dass schon das Herstellen von nur einer Bombe «viel komplizierter war, als ich es gedacht hatte». Daher habe er sich für einen Bombenanschlag und ein Attentat mit einer Schusswaffe entschieden, erklärte Breivik.
Zu den von ihm favorisierten Zielen für ein Massaker mit einer Schusswaffe hätten eine jährliche Konferenz norwegischer Journalisten oder die Jahrestagung der Arbeiterpartei gezählt, sagte Breivik. Weil er sich dafür nicht rechtzeitig habe vorbereiten können, habe er sich für einen Anschlag auf das Jugendlager der Arbeiterpartei entschieden.
Auf rechtsextremen Gruss verzichtet
In dem am 22. Juli 2011 schliesslich umgesetzten Plan habe er kaum damit gerechnet, Oslo lebend verlassen zu können, sagte Breivik weiter. Er hätte gedacht, der Alarm würde ausgelöst und dass er sich seinen Weg hinaus erkämpfen müsse. Und er habe erwartet, dass er auf dem Weg aus Oslo heraus zum Jugendlager auf der Insel Utöya auf bewaffnete Polizisten stossen werde, sagte Breivik heute vor Gericht zum Beginn des vierten Verhandlungstags.
Auf Utöya erschoss Breivik dann 69 Menschen. Auf die Konfrontation mit der Polizei habe er sich mit Computerspielen vorbereitet. «Ich schätzte meine Überlebenschance auf weniger als fünf Prozent», sagte Beivik.
Erstmals verzichtete Breivik heute vor Gericht auf seinen rechtsextremen Gruss – seine Anwälte hatten ihn darum gebeten. Zudem verhielt er sich heute anders als gestern: Er beantwortete die meisten Fragen und wirkte ruhig.
Ein Jahr Auszeit zur Planung
Wie der Fernsehsender BBC auf seiner Homepage berichtet, äusserte sich Breivik ausführlich zu seinen Vorbereitungen für das Doppelattentat: Im Jahr 2006 habe er sich ein Jahr eine Auszeit von jeglichen beruflichen Tätigkeiten genommen, um eine «Selbstmord-Aktion» zu planen. In dieser Zeit habe er das Computerspiel «World of Warcraft» bis zu 16 Stunden täglich gespielt.
Mit 15 Jahren sei seine Skepsis über die Immigration von Migranten gestiegen; mit 18 oder 19 Jahren habe er schliesslich erstmals darüber nachgedacht, eine Gewalttat zu verüben, sagte Breivik gemäss BBC vor Gericht. «Gewalt ist ein Mittel, um sein Ziel zu erreichen», so der Attentäter weiter. Er habe versucht, sich auf andere Weise Gehör zu verschaffen, aber «Nationalkonservative» würden in der norwegischen und europäischen Presse zensuriert.
Norwegen weist Breivik-Sympathisantin aus
Der Prozess stösst auf ein grosses öffentliches Interesse – und bringt auch unerwünschte Schaulustige mit sich: Norwegen hat offenbar eine deutsche Sympathisantin des geständigen Attentäters ausgewiesen. Wie der norwegische Fernsehsender TV2 heute auf seiner Website berichtet, hatte die Frau zum Prozessauftakt am Montag versucht, in das Gerichtsgebäude in Oslo zu gelangen.
Sie sei am Vortag aus Stuttgart angereist und habe für 14 Tage ein Hotel gebucht, um den Prozess zu verfolgen, hiess es. Die Frau soll Briefe an Breivik geschrieben und behauptet haben, dessen Freundin zu sein. Der deutschen Polizei soll sie bekannt sein.
Die Frau habe die Nacht im Gefängnis verbringen müssen und sei am Dienstag von Norwegen mit dem Flugzeug zurück nach Deutschland geschickt worden. Die norwegische Zeitung «VG» habe über eine Frau aus Stuttgart berichtet, die Breivik Briefe und Geld geschickt habe. Ob es sich dabei um dieselbe Frau handle, sei aber unklar.
dapd/rbi/fko
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