«Bücher, über die Lehrer ihre Schüler abfragen können»
An ihm kommt kein Schweizer Schüler vorbei. Schon gar nicht ein Schweizer Autor. Der «Tages-Anzeiger» fragte jüngere Schriftsteller nach ihrem Verhältnis zu Max Frisch, dem Übervater.
«Was zuweilen am meisten fesselt», schreibt Max Frisch im «Tagebuch 1946– 1949», «sind die Bücher, die zum Widerspruch reizen, mindestens zum Ergänzen: – Es fallen uns hundert Dinge ein, die der Verfasser nicht einmal erwähnt, obschon sie immerzu am Wege liegen.» Bücher also, die in ihm das Gefühl wecken, es fehle ihnen noch viel – und das könne man selbst auch ganz gut, nein: besser sagen als der Autor. Eine schöne Illusion, führt Frisch den Gedanken weiter: Was uns einfällt, weil es der Autor nicht gesagt hat, fällt uns ein, eben weil wir ihn lesen. «Noch da, wo wir uns am Widerspruch entzünden, sind wir offen-bar die Empfangenden. Wir blühen aus eigenen Zweigen, aber aus der Erde eines anderen.»