Alle klagen über die Bürokratie im Gesundheitswesen. Die Pflegefachfrauen, die im Stationsbüro akribisch dokumentieren, was sie in der Morgenschicht alles gemacht haben, und deshalb keine Zeit haben, um noch ein bisschen mit den Patienten zu reden – zu deren Bedauern. Die Sozialarbeiterin des Spitals, die viele Dokumente an die Versicherung schicken muss, damit diese eine Reha bewilligt. Die Chirurgen, die, statt zu operieren, stundenlang vor dem Computer sitzen und Berichte schreiben. Eine Studie am Kantonsspital Baden hat gezeigt: Assistenzärzte der Inneren Medizin verbringen nur 94 Minuten pro Tag am Krankenbett. Auch die ambulant tätigen Ärzte werden nicht verschont: Sie müssen sich mit dem Tarmed herumschlagen, einem Tarifsystem mit über 4000 Positionen.
Die administrativen Arbeiten nehmen seit Jahren kontinuierlich zu. Alles muss genauestens belegt werden, bevor es bezahlt wird. Natürlich sind Kontrollen wichtig, denn die Rechnungen stimmen nicht immer. Und natürlich ist es richtig, Behandlungen zu dokumentieren, so können Fehler vermieden werden. Doch das Verhältnis zwischen Administration und eigentlicher Patientenbehandlung stimmt nicht mehr.
Das Verhältnis zwischen Administration und eigentlicher Patientenbehandlung stimmt nicht mehr.
Jetzt hat der Bundesrat die einmalige Chance, einen neuen Bürokratie-Unsinn in letzter Minute zu stoppen: Tarpsy, ein landesweit einheitliches Tarifsystem für die Psychiatrie. Die Kantone und die Versicherer wollen es 2018 einführen. Auch der Spitalverband hat Ja gesagt, obwohl die psychiatrischen Kliniken den Sinn von Tarpsy infrage stellen.
Mehrere Jahre lang haben Tarifspezialisten daran gearbeitet. Sie wollten ein System kreieren, das die Tarife nach den Diagnosen differenziert. Nur ist dies in der Psychiatrie schlecht möglich: Aus einer Diagnose lässt sich nicht auf den Behandlungsaufwand schliessen. Zu unterschiedlich sind die Krankheitsverläufe. Das mussten die Tarpsy-Macher schliesslich einsehen. Doch statt die Übung abzublasen, ziehen sie sie in abgeschwächter Form durch. Sie schaffen so eine Bürokratie, die ausser ihnen selbst niemandem etwas bringt. Vorgesehen ist, dass der Bundesrat Tarpsy im Herbst genehmigt. Er kann auch Nein sagen.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch
Bürokratischer Unsinn
Ein einheitliches Tarifsystem für die Psychiatrie dürfte den administrativen Aufwand für medizinisches Personal nur erhöhen.