Bund gegen starre Quoten für Zweitwohnungen
Dem Bundesrat geht eine Initiative zur Beschränkung von Ferienwohnungen zu weit. Statt auf feste Vorgaben setzt er auf das neue Raumplanungsgesetz.

Höchstens 20 Prozent Anteil an Zweitwohnungen pro Gemeinde fordert die Initiative «Schluss mit uferlosem Bau von Zweitwohnungen». Der Bundesrat empfiehlt sie zur Ablehnung – sie zwänge alle Gemeinden ins gleiche Korsett. Zwar sei auch der Bundesrat der Ansicht, dass es strenge Vorschriften brauche, sagte Bundesrätin Doris Leuthard am Freitag vor den Medien in Bern. Denn Zweitwohnungen liessen die Immobilienpreise in die Höhe schnellen und machten es den Einheimischen schwer, bezahlbare Wohnungen zu finden.
Die Initiative der Helvetia Nostra geht dem Bundesrat aber zu weit. Die Umweltorganisation von Franz Weber hatte die Abstimmungskampagne am Dienstag lanciert. Am 11. März wird abgestimmt. «Die Initiative ist viel zu starr», sagte Leuthard, «sie zwängt alle Kantone und Gemeinden in dasselbe Korsett, und sie untergräbt den Föderalismus».
Denn mit der fixen Quote von 20 Prozent werde sie den regional und lokal unterschiedlichen Bedingungen nicht gerecht. Zudem trage sie nichts dazu bei, dass bereits bestehende kalte Betten besser genutzt werden. Schweizweit gibt es heute rund 500'000 Zweitwohnungen – das sind rund 12 Prozent aller Wohnungen.
«Palette griffiger Bestimmungen»
Der Bundesrat befürchtet eine Reihe negativer Folgen, falls das Volk die Vorlage annimmt. In zahlreichen Gemeinden drohe ein Baustopp, sagte Leuthard. Auf der anderen Seite drohe Gemeinden mit einem Anteil von unter 20 Prozent eine grössere Nachfrage nach Bauland, was die Zersiedelung fördere. Und nicht zuletzt würden strukturschwache Gemeinden weiter geschwächt. Diese leiden gemäss Leuthard unter Abwanderung und haben häufig besonders viele Zweitwohnungen, weil Maiensässe und Rustici vererbt werden, die dann als Ferienwohnungen genutzt werden.
Der Bundesrat setzt daher auf das revidierte Raumplanungsgesetz, das seit dem 1. Juli 2011 in Kraft ist. Es verpflichtet Kantone und Gemeinden, mit verschiedenen Massnahmen neue Zweitwohnungen zu beschränken, Hotellerie und günstige Erstwohnungen zu fördern sowie bestehende Zweitwohnungen besser auszulasten. «Damit haben wir eine ganze Palette von griffigen Bestimmungen», sagte die Vorsteherin des Departements für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunikation (Uvek).
Hotelzonen, Kontingente und Lenkungsabgaben
Auch der Bündner Volkswirtschaftsdirektor Hansjörg Trachsel hält die Initiative für zu starr. «Man darf nicht unterscheiden zwischen guten Betten in Hotels und schlechten Betten in Ferienwohnungen», sagte er vor den Medien. Der Kanton Graubünden hat anteilsmässig die meisten kalten Betten der Schweiz: 37 Prozent aller Wohnungen sind Zweitwohnungen. Im Wallis sind es 36 und im Tessin 24 Prozent.
Auch Trachsel sprach von einem Korsett – man könne doch nicht St. Moritz und dem Calancatal dieselben Vorschriften aufzwingen. Graubünden hat deshalb einen sogenannten Werkzeugkasten erarbeitet. Darin schlägt er verschiedene Massnahmen vor, aus denen die Kommunen die passenden wählen können. So kennen einige Gemeinden Kontingente, um kalte Betten zu begrenzen. Dazu gehören etwa Lenzerheide und Gemeinden im Oberengadin. Andere Dörfer wie Pontresina GR haben reine Hotelzonen bestimmt.
Und die Gemeinden Davos, Samnaun, Laax und Flims haben eine Lenkungsabgabe eingeführt, die beispielsweise mit der Baubewilligung erhoben wird. Damit soll der Bau von Zweitwohnungen weniger attraktiv werden. Mit den Geldern werden Hotellerie, Erstwohnungsbau und Tourismus gefördert.
Vom Boden- bis zum Genfersee zubetoniert
Am Dienstag hatte der Umweltschützer Franz Weber die Abstimmungskampagne zur Initiative lanciert. Er hält die 20-Prozent-Begrenzung für ein wirksames Instrument. Man wolle verhindern, dass die Schweiz vom Bodensee bis zum Genfersee zugebaut werde. Und der Bau von Zweitwohnungen trage wesentlich zu dieser Zubetonierung bei. Das revidierte Raumplanungsgesetz geht den Initianten zu wenig weit.
Die Initiative wird unterstützt von SP, EVP, Grünen sowie von zahlreichen Umweltverbänden. Gegen die Vorlage sind der Hauseigentümerverband und die Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete.
SDA/rub
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