Bund lässt Ausbeutung von Pflegepersonal zu
In der Schweiz sind Tausende Osteuropäerinnen in der privaten Pflege tätig. Weil es keine verbindlichen Regeln gibt, arbeiten sie meist unter skandalösen Bedingungen.

Wer in der Schweiz privat eine Haushaltshilfe beschäftigt, kann dies nach eigenem Ermessen tun. Denn Care-Arbeit ist nicht dem Arbeitsgesetz unterstellt. Zwar kennen die Kantone minimalste Normalarbeitsverträge für Regelung der Arbeitszeit. doch können Arbeitgeber auch schlechtere Bedingungen aushandeln. Damit ist Missbrauch ist Tür und Tor geöffnet.
Davon betroffen sind gemäss Schätzungen des Staatssekretariats für Wirtschaft (Seco) Zehntausende. schreibt der «Sonntagsblick». Laut aktuellsten Zahlen wandern pro Jahr zwischen 3000 und 3500 Hauswirtschaftsangestellte in die Schweiz ein. Dabei hat sich seit 2005 der Anteil der Personen aus EU-Staaten in Osteuropa, also Ländern wie Polen, Ungarn oder der Slowakei mehr als verdoppelt, die Zahl der Kurzaufenthalterinnen hat sich seither sogar vervierfacht.
Behörden verschleppen eine Regelung
Für die Zürcher CVP-Nationalrätin Barbara Schmid-Federer ist das ein unhaltbarer Zustand. Sie hat im Parlament einen Vorstoss zur Verbesserung der Situation eingereicht. Inzwischen wurde von der Bundesverwaltung ein 30-seitiger Bericht erstellt, der mehrere Lösungsvorschläge diskutiert. Doch konkret umgesetzt wurde davon bisher nichts. «Ich habe stark den Eindruck, dass der Bund eine Lösung einfach verschleppt», sagt Schmid im «Sonntagsblick». Dabei sei klar: «Diese Frauen werden als günstige Arbeitskräfte missbraucht – deshalb braucht es minimalste gesetzliche Regelungen.»
«Es gibt viele schwarze Schafe in der Branche», sagt Donar Barrelet von Pflegehilfe Schweiz, einer grossen Vermittlerin von Pflegepersonal in der Schweiz, im «Sonntagsblick». Ein 24-Stunden-Betreuungsdienst mit nur einer Person sei eigentlich gar nicht möglich. Sein Unternehmen setze jeweils mehrere Personen zur Pflege ein und bezahle auch Minimallöhne.
Zu Schwarzarbeit gezwungen
Selbst wenn Arbeitsvermittler einen guten Lohn versprechen, erhalten die Frauen am Ende viel weniger ausbezahlt. «Die Firma war von Anfang an komisch», berichtet eine Betroffene, die im Sommer 2012 über eine Schweizer Vermittlungsfirma für einen Arbeitseinsatz von Polen in die Schweiz kam. Zuerst habe ihr Chef sie gar nicht korrekt angemeldet. «Ich arbeitete schwarz», sagt die Frau im «Sonntagsblick». Erst als sie interveniert, werden ihr die Sozialversicherungsbeiträge verrechnet. Dennoch erhielt die Frau laut «Sonntagsblick» bloss rund 2000 Franken netto pro Monat ausbezahlt, obwohl sie 24 Stunden und sieben Tage die Woche im Einsatz war.
Die Frau habe sich dann bei den Behörden informiert und herausgefunden, dass ihr mehr Geld zustünde Als sie von ihrem Chef ein paar Hundert Franken mehr Lohn verlangte, habe dieser das Arbeitsverhältnis beendet, berichtet «Sonntagblick». Inzwischen habe das Unternehmen einfach eine andere Frau aus Polen beschäftigt. Sie selbst versucht nun einen Teil des Lohnes auf dem Rechtsweg zu erstreiten.
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