Bund stoppt Insieme – über 100 Millionen verloren
Das bereits länger in Verruf geratene Informatikprojekt der Eidgenössischen Steuerverwaltung Insieme wird abgebrochen. Eine Weiterführung des Projekts wird als zu risikobehaftet beurteilt.

Das Eidgenössische Finanzdepartement (EFD) zieht beim umstrittenen Informatikprojekt Insieme der Eidgenössischen Steuerverwaltung (ESTV) die Notbremse. Departementsvorsteherin Eveline Widmer-Schlumpf teilte der Finanzdelegation der Eidgenössischen Räte (FinDel)gestern mit, dass das Projekt abgebrochen wird.
Eine Weiterführung des Projekts werde als zu risikobehaftet beurteilt, weshalb sich ein Abbruch aufdränge, teilte das EFD mit. Die Projektleitung habe festgestellt, dass sich das Projekt verzögere und die gesprochenen Mittel bis Ende 2015 möglicherweise nicht genügen würden. «Es gab bis vor Kurzem keine effektive Kostenkontrolle», sagte EFD-Generalsekretär Jörg Gasser gegenüber Schweizer Radio DRS.
94 Millionen sicher verloren
Ursprünglich sollte Insieme bis 2013 abgeschlossen werden. Das Budget des Informatikprojekts betrug 150 Millionen Franken. Bis Mai dieses Jahres waren davon 94 Millionen Franken ausgegeben worden. Noch sei nicht klar, wie viel das Projekt letztlich kosten werde, so Gasser.
Laut Communiqué ist zwar mittlerweile das Gesamtkonzept zur Ablösung der bisherigen Informatiksysteme erstellt, jedoch sind erst 10 Prozent der notwendigen Programmierarbeiten abgeschlossen. Neben mehrmaligen Methodik- und Softwarewechseln habe sich auch die zeitweise fehlende fachliche Führung negativ auf den Projektverlauf ausgewirkt.
Die Projektorganisation soll nun retten, was vom Projekt übrig bleibt. Die Arbeiten, die abgeschlossen sind, sollen gesichert und bereits erstellte Komponenten des geplanten Systems in den Betrieb überführt werden.
Von Anfang an pannenbehaftet
Das Projekt Insieme verlief von Anfang an nicht nach Wunsch. Der Auftrag war 2006 zunächst an den US-Informatikkonzern Unisys vergeben, später aber wieder zurückgezogen worden. Die ESTV musste Unisys eine Entschädigung zahlen, die Kosten für die Episode beliefen sich auf 6,4 Millionen Franken.
2011 wurde die Projektleitung ausgewechselt. Wesentliche Teile des ursprünglichen Vorhabens mussten aus dem Projektumfang gestrichen werden.
Eine eingeleitete Administrativuntersuchung förderte Unregelmässigkeiten bei Beschaffungen zutage. Auch die FinDel kritisierte mehrmals, dass Aufträge ohne Ausschreibungen vergeben wurden.
Infolge der Affäre um das Projekt wurde ESTV-Direktor Urs Ursprung im Juni 2012 freigestellt. Sein Nachfolger ist noch nicht bestimmt. Kurze Zeit später musste zudem der Entwicklungschef von Insieme gehen, weil seine Stelle entgegen den Regeln der Welthandelsorganisation WTO nicht ausgeschrieben worden war.
Konsequenzen gezogen
In Reaktion auf die Pannen bei Insieme hatte der Bundesrat bereits im Juli Anpassungen im Beschaffungswesen des Bundes beschlossen. Insbesondere soll das Controlling bei Beschaffungen verbessert und so sichergestellt werden, dass die gesetzlichen Vorgaben – etwa im Bezug auf Auftragsvergaben ohne Ausschreibungen - eingehalten werden. Zudem will die Regierung die Führung bei Grossprojekten stärken.
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