Bund zum Flugplatz Dübendorf: «Umschwenken ist kein Thema»
Die Bevölkerung um den Flugplatz Dübendorf will keine Businessjets. Jetzt verlangen die lokalen Politiker ein Umschwenken des Bundes. Die Antwort aus Bern ist aber klar.
Die drei Gemeinden, welche an den Flugplatz Dübendorf angrenzen, wehren sich gegen den geplanten Business-Airport. Dübendorf, Volketswil und Wangen-Brüttisellen haben ihre Stimmbevölkerung heute Sonntag über ein Alternativkonzept abstimmen lassen. Dieses sieht einen «Historischen Flugplatz mit Werkflügen» vor. Also Ja zu Tante Ju, Rega und Armeehelikoptern mit bis zu 20'000 Flugbewegungen. Und vor allem Nein zu Geschäfts- und Sportfliegerei mit 28'500 An- und Abflügen.
Die drei Gemeinden wollen eine Aktiengesellschaft gründen, welche den Flugplatz betreibt. Es ist ihnen klar, dass sich dieser unter diesen Umständen nicht selbst finanzieren kann. Deshalb haben sie dem Volk vorgeschlagen, neben den einmaligen 2 Millionen Franken Aktienkapital auch jährlich wiederkehrende 1,3 Millionen zur Deckung des Betriebsdefizits aus der Steuerkasse zu nehmen.
Die Gelder gehen nach einem bestimmten Verteilschlüssel an die Betriebs-AG: 58,6 Prozent kommen aus Dübendorf, 25,4 Prozent aus Volketswil und 16 Prozent aus Wangen-Brüttisellen. Überall beträgt der Betrag rund ein Steuerprozent.
Gelände gehört dem Bund
Das Stimmvolk hat am heutigen Abstimmungstermin in allen Gemeinden klar zugestimmt. Am deutlichsten fiel das Resultat in Wangen-Brüttisellen aus, wo 74,1 Prozent zustimmten. Volketswil sagte mit 70,3 Prozent Ja. Um einiges tiefer fiel die Zustimmung in der Standortstadt Dübendorf aus, wo 57,7 Prozent die Vorlage befürworteten. Die Stimmbeteiligung fiel überraschend tief aus und lag in allen Gemeinden bei rund einem Drittel.
Es gibt allerdings einen grossen Haken: Die drei Gemeinden haben streng genommen nichts zu sagen auf dem Gelände des Flugplatzes. Es gehört dem Bund. Und der Bundesrat hat bereits 2014 entschieden, Dübendorf für die Business-Aviation zu öffnen. Das erklärte Ziel: Der internationale Flughafen in Kloten soll entlastet werden. Schon heute kann er aus Kapazitätsgründen nicht alle Bedürfnisse der boomenden Geschäftsfliegerei befriedigen. Der Bundesrat hat seinen Entscheid seit 2014 mehrmals bestätigt. Inzwischen ist auch der Zürcher Regierungsrat, der sich lange gegen den Zivilflugplatz Dübendorf gewehrt hat, auf diese Linie umgeschwenkt.
«Bund kann uns nicht ignorieren»
Was wollen die Gewinner jetzt? «Der Bund kann das Abstimmungsresultat nicht ignorieren», sagt der Volketswiler Gemeindepräsident Jean-Philippe Pinto (CVP), der von einem «wunderbaren Sonntag» spricht. Der Bund hatte, als die Gemeinden den Werkflugplatz bereits früher eingebracht hatten, kritisiert, dass das Finanzielle nicht geregelt sei. «Jetzt haben wir die Absicherung durch die Bevölkerung», so Pinto. Es ist ihm klar, dass es noch ein weiter Weg wird, bis das Ziel erreicht ist. Jetzt wollen die Gemeinden Kontakt mit dem Kanton und dem Bund aufnehmen.
Martin Bäumle, GLP-Nationalrat und Finanzvorsteher von Dübendorf, äussert sich noch pointierter: «Wir erwarten, dass der Bund jetzt auf unser Konzept einschwenkt.» Das Volk habe ein klares Signal nach Bern geschickt. Das Gemeindekonzept erfülle fast alle Vorgaben des Bundes, meint Bäumle. Und für die Region Glattal sei das Alternativkonzept in allen Belangen besser. Von der besseren Lebensqualität profitieren werden vor allem Volketswil, das von den An- und Abflügen sehr direkt betroffen ist, und Dübendorf ohnehin. Das werde sich auch aufs Steuersubstrat auswirken, so Bäumle weiter. Zumal die Wertschöpfung mit dem Werkflugplatz positiver sei als mit den Businessjets. Unter dem Strich würden die 1,3 Millionen so locker wieder hereingeholt, meint der Finanzstadtrat.
Dübendorfs Stadtpräsident Lothar Ziörjen (BDP) sprach von einem historischen Verdikt. In den letzten 100 Jahren habe sich das Volk nie zur Zukunft des Flugplatzes äussern dürfen. Jetzt sei der Bund mit einem Basisentscheid konfrontiert. «Das ist sich der Bund nicht gewohnt, aber wir werden ihm das heutige Resultat erklären», sagte er schmunzelnd. Die nächste Sitzung sei bereits angesetzt.
Bund: Umschwenken ist «kein Thema»
In Bern werden die Hoffnungen der Gemeinden aber jäh geknickt. Mit den vorliegenden Abstimmungsresultaten habe man gerechnet, sagt Urs Holderegger, Sprecher des Bundesamts für Zivilluftfahrt (Bazl). Trotzdem sei das Alternativkonzept der Gemeinden «kein Thema» mehr. So hart es tönen möge: «Die Abstimmungsresultate sind für den Bund nicht bindend, da die Luftfahrt abschliessend in der Kompentenz des Bundesrats liegt.» Und dieser hat sich für die Geschäftsfliegerei entschieden.
Der Bundesrat habe nicht nur die Interessen der Anrainer zu berücksichtigen, sondern müsse auch den Wirtschaftsstandort Zürich im Auge haben. «Dieser braucht den Business-Airport, um die Erreichbarkeit des Wirtschaftszentrums der Schweiz zu sichern.» Holderegger gibt zu bedenken, dass der Bund bereits stark auf die Bedürfnisse der Standortbevölkerung eingegangen sei, als er dem künftigen Flugplatz ein enges Korsett mit deutlich strafferen Betriebszeiten als in Kloten verpasst hat. Der Bazl-Sprecher versichert aber, dass der Bund im Rahmen des SIL-Prozesses so weit als möglich auf die Bedürfnisse der Gemeinden eingehen werde.
Flugplatz AG: «Steifer Wind»
Auch Urs Brütsch ist nicht überrascht von den Resultaten. «Uns bläst seit jeher ein steifer Wind entgegen», sagt der CEO der Flugplatz Dübendorf AG, welche den Business-Airport vorantreibt. Er bedauert, dass eine Mehrheit der Bevölkerung «die Bedeutung der Geschäftsluftfahrt verkennt» und die Businessjets in Dübendorf nicht will. Gleichzeitig denkt er aber nicht ans aufgeben: «Wir haben einen Vertrag mit dem Bund, und diesen werden wir erfüllen.»
Mit weiteren Verzögerungen im Fahrplan rechnet Brütsch nicht. Die Rechtsmittelverfahren gegen das Umnutzungsgesuch seien einkalkuliert. Und auch bei den Investoren für den Business-Airport werde keine Nervosität aufkommen: «Die Finanzierung ist sichergestellt.»
Weitere Anti-Zivilflugplatz-Abstimmung
In Dübendorf ebenfalls abgestimmt wurde über den Gegenvorschlag des Stadtrats zur Volksinitiative «Keine Zivilaviatik in Dübendorf». Die Initiative will, dass sich Dübendorf «mit allen Mitteln auf allen Ebenen gegen einen zivil genutzten Flugplatz in Dübendorf» einsetzt.
Hier sagten die Dübendorfer mit 59,3 Prozent Ja.
Kein Votum gegen den Innovationspark
Eine weitere Dübendorfer Abstimmung befasste sich mit Gewerbegebäuden am nordwestlichen Rand des heutigen Flugplatzareals. Dort sollen sich Unternehmen ansiedeln können, eine Art Vorhut des Innovationsparks. Dafür ist eine Umzonierung, eine Änderung der Bauordnung und eine Revision des kommunalen Richtplans nötig. SVP und andere, welche das Referendum gegen das Vorhaben ergriffen haben, wollten ein Votum gegen den Innovationsbank erwirken – obwohl dieser längst beschlossene Sache ist und wie der Flugplatz unter Bundesrecht fällt.
Die Gegner des Innovationsparks haben eine Niederlage erlitten. 57,9 Prozent stimmten für die Umzonierung des Fluplatzrands Nord.
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