Bus und Bahn sollen in Luxemburg nichts mehr kosten
Das gibt es sonst nirgends: Die neue Regierung will den öffentlichen Nahverkehr in Luxemburg kostenlos machen. Auch Cannabis soll legalisiert werden.

Luxemburg hat seit dieser Woche eine neue Regierung. Es ist mehr oder weniger die alte: Liberale, Sozialdemokraten und Grüne setzen ihre Koalition fort. Xavier Bettel bleibt Premier, Pierre Gramegna Finanzminister und Jean Asselborn darf als Aussen- und Flüchtlingsminister weiterhin an das Gewissen der Europäer appellieren.
Überraschender sind inhaltliche Ankündigungen. So will das blau-rot-grüne Bündnis Herstellung, Kauf und Konsum von Cannabis zum persönlichen Bedarf legalisieren. Das wäre eine Premiere in der EU. Noch mehr Beachtung findet der Plan, die Benutzung des gesamten öffentlichen Verkehrs (ÖV) im Land, inklusive Bahn, bis 2020 kostenlos für alle zu machen. Das gibt es sonst nirgends in der Welt. Statt Jubel ist aber überwiegend Kritik zu hören, von mehreren Seiten.
Die Idee stammt aus dem Wahlprogramm der Liberalen, die Sozialdemokraten und vor allem junge Grüne fordern seit Längerem dasselbe. Die Parteien sehen darin ein Mittel, die Luft zu verbessern und die gravierenden Verkehrsprobleme zu lindern. Rund um die Hauptstadt kommt es regelmässig zu verheerenden Staus, nicht zuletzt wegen der 190'000 Pendler, die täglich aus Frankreich, Belgien und Deutschland nach Luxemburg fahren. Daran wird der Gratis-ÖV wohl nichts ändern. Und dass die Luxemburger umsteigen, ist fraglich. Sie lieben ihr Auto und ihr Haus am Stadtrand oder auf dem Land. Ein tiefgreifender Wandel müsse von einer veränderten Raumplanung unterstützt werden. Und schon jetzt kostet Bahn fahren wenig; für zwei Euro kann man Luxemburg durchqueren.
Ausgerechnet der grüne Verkehrsminister ist skeptisch
Mylène Bianchy, Vorsitzende der Transportgewerkschaft Syprolux, spricht von einem «vergifteten Geschenk». Die Idee sei ein Schritt zurück: «Was nichts kostet, taugt auch nichts.» Bei der Bahn gingen Arbeitsplätze verloren, ausserdem solle das Geld aus dem Ticketverkauf lieber in einen besseren ÖV investiert werden. Hier gibt es grossen Investitionsbedarf. Die Bahn gilt als unpünktlich, oft fallen Züge aus, das Netz ist veraltet. Der alte Traum von einer landesweiten S-Bahn scheint bis auf weiteres ein Traum zu bleiben. Der kostenlose Verkehr, so Bianchy «gefährdet die Pünktlichkeit, den Komfort und die Zuverlässigkeit des Transports.» Zudem könne der freie Zugang zu mehr Vandalismus führen.
Ausgerechnet der grüne Verkehrsminister François Bausch ist ebenfalls skeptisch. Als soziale Massnahme sei der Schritt zu begrüssen, sagt er, doch verkehrspolitisch handele es sich um «Populismus».
Finanzieren will die Regierung ihren Plan hauptsächlich mit einer Senkung der Kilometerpauschale. Laut den Liberalen müssen 30 Millionen Euro ersetzt werden. Eine Studie im Auftrag des Nachhaltigkeitsministeriums hat aber eine doppelt so hohe Summe ermittelt. Wie auch immer, es müsste zu schaffen sein für Luxemburg, einem der reichsten Staaten der EU. Das Kostenlos-Modell wird weltweit in mehreren Städten ausprobiert. In Estlands Hauptstadt Tallinn ist der ÖV seit fünf Jahren kostenlos, mit gemischten Erfahrungen. Zwar stieg die Nutzung von Bus und Tram, aber die Zahl der Autos ging trotzdem nicht zurück. In Luxemburg wird deshalb auch eher die Schweiz als Vorbild genannt, das europäische Land, in dem die Menschen mit Abstand am häufigsten Bahn fahren. Weil das Netz so dicht ist und die Qualität stimmt.
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