Bush hat er für den Angriffsbefehl noch verspottet
Der US-Präsident Barack Obama gibt grünes Licht für Luftangriffe im Norden des Iraks. Erste Reaktionen auf diesen Schritt fallen sehr kritisch aus: Jede Bombe ziehe neue Terror-Unterstützer an.
Als Oppositionspolitiker hatte Barack Obama die US-Invasion im Irak noch als «dummen Krieg» verspottet. Jetzt veranlasst ihn die Entwicklung in dem Land zum Eingreifen.
Nach langem Sträuben hat US-Präsident Barack Obama ein militärisches Eingreifen im Irak genehmigt. Luftangriffe sollen US-Soldaten im Norden des Landes schützen. Ausserdem versorgt die US-Luftwaffe Flüchtlinge mit Wasser und Nahrung.
Damit setzt Obama einerseits seinen Ruf aufs Spiel, als Oberbefehlshaber den langen und unpopulären Irak-Krieg beendet zu haben, in dem fast 4500 amerikanische Soldaten gefallen waren. Andererseits stellt sich die Frage, ob er in seinem Eifer, die US-Truppen vollständig aus dem Irak abzuziehen, die Risiken dieses Schrittes falsch eingeschätzt hat.
«Ich werde es nicht zulassen»
So versicherte Obama seiner kriegsmüden Nation gestern Abend, die USA seien nicht auf dem Weg in einen nächsten, langwierigen Konflikt im Irak. «Ich werde es nicht zulassen, dass die USA hineingezogen werden, einen neuen Krieg im Irak zu kämpfen», versprach er.
Tatsächlich hat Obama den jetzt angekündigten Militäraktionen vergleichsweise bescheidene Ziele gesetzt - weit entfernt von einer vollständigen Besetzung des Iraks, wie Obama sie bei seiner Amtsübernahme von seinem Vorgänger George W. Bush geerbt hatte. Trotzdem unterstreichen die Aktionen des Präsidenten in diesem Sommer im Irak, wie schwer militärische Rückzüge in einer fragilen Sicherheitslage sind.
Der «widerwillige Obama»
In den US-Medien sind die Reaktionen geteilt. Man müsse kein Hellseher sein, um zu sehen, wie widerwillig Obama sich für die Luftschläge entschieden habe, schreibt ein Beobachter in der «New York Times». Indem er die Kriegsflugzeuge zurück in den Irak schicke, finde sich der amerikanische Präsident genau dort wieder, wo er nie habe sein wollen. Er hätte sich gerne als denjenigen gesehen, der dem Kriegselend im Irak ein Ende setzte – und jetzt ist er der vierte Präsident in Folge, der Militärhandlungen im kriegsversehrten Land anordnet.
Obama betonte, er werde es nicht zulassen, dass die USA in einen weiteren Krieg im Irak hineingezogen würden, und schloss den Einsatz von Bodentruppen aus. Und doch, schreibt die «New York Times», habe die brutale Realität im Irak die hehren Ambitionen von Obama zunichtegemacht.
Für langjährige Gegner des Irakkrieges ist die Entscheidung des Präsidenten ein Schritt, der die USA erneut in einen langen und blutigen Konflikt verwickeln könnte. Ihrer Meinung nach wäre es beispielsweise besser, die UNO dazu zu drängen, den Irak bei eigenen Hilfsgüterlieferungen aus der Luft zu unterstützen. Die Wissenschaftlerin Phyllis Bennis sagt gegenüber dem Blatt, es liege auf der Hand, dass man islamistische Extremisten nicht wegbomben könne. Im Gegenteil: Jede Bombe ziehe neue Unterstützer an.
«Alles nur noch schlimmer»
Kritisch steht dem Militäreinsatz ein Kommentator des Magazins «Foreign Policy» gegenüber. Jedes Mal, wenn die USA etwas im Mittleren Osten unternähmen, werde es nur schlimmer, schreibt der Journalist und bezieht sich unter anderem auf die Konflikte im Gazastreifen, in Afghanistan und im Irak. Er zitiert den früheren amerikanischen Botschafter Chas Freeman, der ein ernüchterndes Fazit zieht: «Es gibt kaum ein US-Projekt im Mittleren Osten, das kein tödliches Ende genommen hat oder nahe dran ist.» Es sei zwar lobenswert, das Vorrücken von Terroristen und das Leiden der Menschen verhindern zu wollen, doch die Aktionen der USA hätten bisher selten den gewünschten Effekt gebracht, schreibt der Kolumnist. Besser wäre es, findet er, einen Schritt zurückzugehen – er spricht dabei von allen Konflikten im Mittleren Osten. Die Region solle eine Weile selbst versuchen, ihre Probleme zu lösen. Auf den Irak bezogen, befürwortet er zwar humanitäre Einsätze, spricht sich aber gegen militärische Aktionen aus.
Die «Washington Post» hebt einen der zentralen Gründe hervor, weshalb Obama die Luftangriffe zum jetzigen Zeitpunkt beschlossen hat: Die USA haben Diplomaten und Militärangehörige in der Stadt Irbil stationiert, der sich die Terrorgruppe IS unaufhaltsam nähert. Das Vorrücken der Islamisten in die Hauptstadt der kurdischen Region im Irak markiere eine rote Linie für die US-Regierung, so das Blatt. Gemäss US-Offizieren fliegen zurzeit beinahe ununterbrochen Drohnen oder bemannte Flugzeuge über Irbil, um die Islamisten im Auge zu behalten.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch