Geldberater: Der Marktschrei(b)erCalida macht sich schöner
ABB räumt bei den Divisionen auf +++ Burberry wird vom eigenen Chef überrumpelt +++ Givaudan hat eine Nase für weiteres Wachstum +++ Swissquote beeindruckt.

Calida Group: Dosiert kaufen
Schlanker werden, um profitabler zu sein. Dieses Motto gilt bei der Calida Group schon länger. Mit dem geplanten Verkauf der zwei letzten Outdoormarken, Millet und Lafuma, geht die Fokussierung in die nächste Phase. Das Image des Gemischtwarenladens wird der Konzern aus Sursee aber noch nicht ganz los. Denn neben Unterwäsche und Lingerie – dem zukünftigen Kerngeschäft – hält der neue Chef Timo Schmidt-Eisenhart eisern an der Gartenmöbelsparte fest. Das ist zwar nicht konsequent, für mich aber verständlich: Sie generiert einfach zu gute Margen. Schmidt-Eisenhart hat sich die Sporen bei bekannten US-Marken wie Nike, North Face und Timberland verdient. Wenn er auch das Image von Calida für eine jüngere und globalere Kundschaft auffrischen kann, wäre das ein grosser Schritt zu nachhaltigem Erfolg. Gelingt es ihm zusätzlich, die gut gefüllte Kasse für sinnvolle Zukäufe einzusetzen und den Onlinehandel noch stärker zu machen, steht einem Anstieg des Aktienkurses auf über 40 Franken wenig im Weg. Dosiert kaufen
ABB: Halten
Bisher hat Björn Rosengren, der Chef von ABB, nicht zu viel versprochen. Der Umbau in einen dezentral geführten Konzern scheint abgeschlossen zu sein; nun ist er damit beschäftigt, bei den zwanzig Divisionen aufzuräumen. Vier davon sollen verkauft oder an die Börse gebracht werden. Vor allem die jüngste Ankündigung – die Ausgliederung des noch kleinen E-Mobilität-Geschäfts – regt die Fantasie an. Sie soll einen Wert von bis zu 3 Milliarden Dollar erreichen. Aber auch für die Division Turbocharging liegt ein stolzer Betrag drin. Hinzu kommt, dass das Geschäft markant angezogen hat und das Profitabilitätsziel von 15 Prozent Ebita-Marge bald in Reichweite kommen dürfte. Der Schwung hat die ABB-Aktien in diesem Jahr zu den viertbesten im SMI gemacht; seit Januar haben sie fast 30 Prozent angezogen. Es spricht viel dafür, dass das Geschäft dank besserer Weltkonjunktur weiter brummt. Und mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 22 für nächstes Jahr sind die Titel nicht sonderlich teuer. Anleger können sie also getrost im Portfolio lassen und bei Kursrückschlägen gar etwas aufstocken. Halten
Burberry: Meiden
Es gibt meines Erachtens für ein Unternehmen kaum Blöderes, als auf eine Kündigung des Chefs nicht vorbereitet zu sein. Genau das widerfuhr in der abgelaufenen Woche dem britischen Luxusmodehaus Burberry. Marco Gobbetti teilte mit, er werde das für sein geschütztes Check-Karomuster bekannte Unternehmen auf Ende Jahr verlassen. Nach zwanzig Jahren im Ausland wolle er wieder näher bei der Familie in Italien sein. Künftig wird er den Edelschuhhersteller Ferragamo leiten. Doch nicht nur Burberry wurde vom Rücktritt überrumpelt, sondern auch die Aktionäre. Die Aktien stürzten 9 Prozent ab. Die grösste Sorge der Anleger ist, dass mit Gobbetti auch Chefdesigner Ricardo Tisci gehen könnte. Beide gelten als Retter von Burberry; sie haben in den vergangenen vier Jahren strategische Fehler der Vorgänger korrigiert und Burberry wieder fit getrimmt – auch wenn das Margenpotenzial noch lange nicht ausgeschöpft ist. Einige Analysten sehen nach der Korrektur Einstiegschancen. Solange aber die Nachfolge nicht geklärt ist, halte ich das Aufholpotenzial für gering. Meiden
Givaudan: Halten
Wenn wir schon bei Luxus sind: Givaudan ist seit 2020 die Nummer 1 im Markt für Luxusparfümerie. Der führende Hersteller von Aromen und Duftstoffen gedeiht prächtig, sein Leistungsausweis fällt bestechend aus. Mich beeindruckt er seit langem. Das Geschäft mit Parfümherstellern hat letztes Jahr unter der Pandemie gelitten, die Erholung ist aber im Gange. Das grosse Geschäft macht Givaudan ohnehin mit anderem: mit Duftstoffen für Produkte der Körper- und Haushaltpflege sowie mit Aromen für allerlei Nahrungsmittel und Getränke. Das sind defensive Bereiche mit Wachstum. Daneben expandieren die Genfer in verwandte Gebiete; spezialisierte natürliche Lebensmittelinhaltsstoffe und aktive kosmetische Wirkstoffe sind Beispiele. Auch an der Börse zeigt Givaudan eine hochrespektable Performance. Wer die Aktien vor zehn Jahren erwarb, hat mit ihnen so ziemlich alle namhaften Börsenindizes geschlagen. Mit ihrer jüngsten Kurssteigerung haben sie mich allerdings auf dem falschen Fuss erwischt. Wegen der hohen Bewertung hätte ich das nicht erwartet. Ich scheine nicht der einzige Fan zu sein. Halten
Swissquote: Kaufen
Wer diese Kolumne regelmässig liest, weiss, dass ich seit längerem auch von Swissquote angetan bin – wie sich in der Krise gezeigt hat, zu Recht. Die Aktien der Trading-Bank haben sich seit Anfang 2020 im Wert knapp verdreifacht. Regelmässig übertrifft das Unternehmen die eigenen, jeweils hohen Prognosen und treibt den Kurs mit «positiven Gewinnwarnungen» höher. So geschehen vor zwei Wochen, als Swissquote bekannt gab, im ersten Halbjahr so viel Vorsteuergewinn zu erzielen wie noch im März für das gesamte Jahr 2021 prognostiziert. Geht die Rally weiter? Ich bin optimistisch. Gemessen am erwarteten Gewinnwachstum, befeuert durch die hohe Skalierbarkeit des Geschäfts, sind die Titel günstig. Dass Swissquote auch in Zeiten normaler Volatilität wachsen kann, wurde dieses Jahr zudem eindrücklich bewiesen. Und zu guter Letzt sind die vielen Partnerschaften positiv zu werten, die Swissquote immer stärker zur Universalbank werden lassen. So hat Swissquote erst letzte Woche vermeldet, dass das Unternehmen die Luzerner Kantonalbank zur Vertriebspartnerin für Hypotheken gemacht hat. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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