«Cambridge Analytica bleibt jeden Beweis schuldig»
Hat Big Data Donald Trump zum Wahlsieg verholfen? Das Netz diskutiert derzeit einen «Magazin»-Artikel zu diesem Thema.
Was sagen unsere Facebook-Likes über uns aus? Wer profitiert von unserer offenen Darstellung von Vorlieben in den sozialen Netzwerken? Das Thema Big Data beschäftigt die Menschen. Das zeigt auch, wie der Artikel «Ich habe nur gezeigt, dass es die Bombe gibt» aus dem «Magazin» derzeit auf den sozialen Medien die Runden macht.
Darin erzählen die Journalisten Mikael Krogerus und Hannes Grassegger die Geschichte des Psychologen Michal Kosinski. Dieser ist im Bereich der Psychometrie tätig. Jenem wissenschaftlichen Feld, das versucht, die Persönlichkeit eines Menschen zu vermessen. Kosinski erarbeitete eine neue Form der Big-Data-Analyse, die es erlauben soll, Menschen aufgrund ihres Facebook-Verhaltens so zu durchleuchten, dass mit dem gewonnenen Wissen unter anderem auch Wahlen beeinflusst werden können.
Kosinskis Methode soll von einem Forscherkollegen an das britische Unternehmen Cambridge Analytica verkauft worden sein. Dieses wiederum soll sowohl der Brexit-Kampagne als auch Donald Trump zum Erfolg verholfen haben. Nun interessieren sich offenbar bereits Parteien aus Frankreich, Deutschland und der Schweiz für die Dienste der Firma.
Kein Beweis für die Wirksamkeit
Seit seiner Veröffentlichung wird der Artikel aber nicht nur wie wild verbreitet, sondern auch heftig diskutiert. Im WDR-Digital-Blog «Digitalistan» hinterfragt Autor Dennis Horn den «Big-Data-Zauber» und moniert: «Cambridge Analytica bleibt jeden Beweis für die angebliche Wirksamkeit der Big-Data-getriebenen Kampagnen schuldig.» Und was den Einfluss der Firma auf den Brexit-Entscheid betrifft, so habe das Techmagazin «Wired» bereits im August berichtet, dass die Zusammenarbeit zwischen Cambridge Analytica und der Leave-Kampagne aus finanziellen Gründen platzte.
Zur Vorsicht mahnt auch der deutsche Digitalstratege Jens Scholz in seinem Blog: «Profil-Modelle dieser Art sind nicht neu – aus der Psychometrie kommt quasi jedes Jahr ein neues populärwissenschaftlich vereinfachtes Modell.» Ebenso wenig sei neu, dass Menschen mit festem Konsum- und Weltbild leicht zu aktivieren seien.
Brexit-Kampagne und Trumps Wahlkampfkampagne hätten simple Erkenntnisse der Verhaltensforschung angewandt, so Scholz weiter. Nämlich jene, dass es besser sei, Stärken zu fördern, statt zu versuchen, Schwächen zu verbessern. Man habe also vor allem konsequent auf Wahlaktivierung bei der eigenen ideologischen Zielgruppe gesetzt.
Der Moment des Entschlusses
Bei der Diskussion um die Psychometrie gehe zudem ein weiterer Punkt vergessen, so Scholz. So könnten statische Daten nicht ermöglichen, den Moment herauszufinden, in dem unentschlossene Menschen einen Entschluss fassen. Somit sei es sehr unwahrscheinlich, dass man einen potenziellen Wähler zum richtigen Zeitpunkt in Richtung des gewünschten Entschlusses stossen könne.
Und was sagen die beiden Autoren Mikael Krogerus und Hannes Grassegger zur Kritik? «Wir lesen das mit grossem Interesse», so Grassegger. «Die Debatte, was mit unseren Daten mittlerweile alles gemacht werden kann oder auch eben nicht, ist wichtig und steht erst am Anfang.» Die Gretchenfrage sei zweifelsohne, ob man Menschen dazu bewegen kann, etwas zu tun, was sie eigentlich nicht vorhatten. «Wir kennen die Antwort darauf natürlich auch nicht.»
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