Cameron droht ein Putsch
Sein Versprechen, das Volk über die EU-Mitgliedschaft entscheiden zu lassen, spaltet Grossbritannien. Der Druck auf David Cameron steigt auch in der eigenen Partei. Hinterbänkler drohen mit dem Misstrauensvotum.

Wer als Premierminister Chef der britischen Tory Partei ist, braucht keine Feinde mehr. Gut eine Woche nach David Camerons bahnbrechender EU-Rede drohen Hinterbänkler seiner eigener Partei den Regierungschef zu stürzen, sollten sich die Umfragewerte der Partei bis 2014 nicht verbessern. Verliert die konservative Partei die nächsten Lokalwahlen, muss Cameron gehen.
Abgeordnete innerhalb und ausserhalb der Regierung erwarten, dass der harte Kern an Kritikern, der den britischen Premierminister am liebsten sofort aus dem Amt werfen würde, in den nächsten 17 Monaten wahrscheinlich deutlich zunehmen wird.
Obama der Konservativen
Die Revolte der Tory-Rebellen nahm diese Woche neue Dimensionen an. Adam Afriyie, der relativ unbekannte einstige Schattenminister für Wissenschaft, gab seine Kandidatur für das Amt des Parteichefs bekannt. Seine Kampagne hofft auf die Unterstützung von mindestens 120 Hinterbänklern. Afriyie, der einen ghanaischen Vater hat, wird von einigen Abgeordneten als «Obama der Tories» bezeichnet. Sie spekulieren darauf, dass der Schattenminister allein aufgrund seiner Abstammung eine realistische Chance auf die Parteiführung hat. Die Mehrheit der Abgeordneten belächelt die Initiative des Multimillionärs aus Windsor jedoch: «Es wäre Wahnsinn, eine völlig unbekannte Person an die Spitze der Partei zu stellen. Afriyie hat keinerlei Erfahrungen, nicht mal im Ministeramt.»
Vertrauensvotum im nächsten Jahr
Dennoch ist die Kampagne Afriyies ein Zeichen für einen generellen Trend innerhalb der konservativen Tory Partei. Immer mehr Abgeordnete sind dazu bereit, den Premierminister mit einem Vertrauensvotum 2014 unter Druck zu setzen. Gerade mal 46 Abgeordnete müssen ein Vertrauensvotum fordern, um den Prozess auf den Weg zu bringen. Ein anonymer Abgeordneter sagte der Zeitung «Guardian»: «Einige meiner Kollegen sind fest entschlossen, Cameron so schnell wie möglich zu stürzen. Ihrer Meinung nach hat er die letzte Wahl verloren und wird die nächste Wahl verlieren. Ich würde solch ein Vertrauensvotum unterstützen.»
Auch Teile der Regierung selbst erwarten das Ende der Cameron-Ära: «Es geht nicht darum, auf die nächste Wahl in 2015 zu warten und Cameron verlieren zu sehen. Es geht darum, auf den Moment vorbereitet zu sein an dem die Partei realisiert, dass Cameron kein Gewinner ist.» Abgesehen von David Camerons mangelnden Führungsqualitäten wird der Premier aus der eigenen Partei vor allem wegen seines gesellschaftlichen Hintergrunds kritisiert. «Wir haben genug von vornehmen Jungs!», sagte er mit Anspielung auf die Herkunft Camerons. Der Premier stammt aus einer wohlhabenden Familie, einer seiner Vorfahren war König Wilhelm IV.
In der EU-Frage gespalten
Anhänger David Camerons argumentieren jedoch, dass Afriyies verfrühte Kampagne neuen Wind in die Segel des Premierministers blasen wird. Zu diesem Zeitpunkt gibt es keine offensichtliche Alternative für die Position des Parteichefs. Sollte sich dies in den nächsten Monaten nicht ändern, wird Cameron die Tories in den Wahlkampf führen.
Wie erfolgreich der britische Premierminister sein wird, das öffentliche Image seiner Partei zu verbessern, steht jedoch in den Sternen. Vor allem mit seinem Versprechen, die Zukunft von Grossbritanniens EU-Mitgliedschaft per Referendum entscheiden zu lassen, spaltete er die Nation und verärgerte Europa.
Cameron hatte die Partei bei den Wahlen 2010 geführt, aber die angestrebte absolute Mehrheit verpasst. Stattdessen musste er mit den Liberaldemokraten die erste britische Koalitionsregierung seit dem Zweiten Weltkrieg führen. Die Regierung ist wegen harter Sparmassnahmen unpopulär. Die oppositionelle Labourpartei liegt seit Monaten in den Umfragen vorn.
SDA/kpn
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