Carla Del Ponte im Bundesratsjet unterwegs
Für die UNO untersucht sie Kriegsverbrechen in Syrien. Von der Schweizer Regierung erhält sie ungewöhnliche Hilfe. Wie das?

Morde, Folter, Hinrichtungen, Vergewaltigungen: Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehören im syrischen Bürgerkrieg zum Alltag. Damit sie nicht ungesühnt bleiben und Täter eines Tages vor Gericht kommen, sammelt Carla Del Ponte Beweismaterial. In Nachbarländern Syriens trifft die frühere Bundesanwältin und Chefanklägerin des Internationalen Strafgerichtshofs für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien Opfer, befragt Augenzeugen und identifiziert Kriegsverbrecher. Sie tut dies im Auftrag der UNO, als Mitglied der 2011 vom Menschenrechtsrat eingesetzten, unabhängigen Untersuchungskommission für Syrien.
Zusammen mit anderen Staaten hat die Schweiz die Einsetzung der Kommission gefordert. Das Mandat der Tessinerin finanziert der Bund zwar nicht, zeigt sich dafür aber generös, wenn es darum geht, Del Ponte logistisch zu unterstützen. Sie war auf ihrer UNO-Mission in den letzten Jahren mehrfach mit dem Bundesratsjet unterwegs. Gemäss Pierre-Alain Eltschinger, Sprecher im Eidgenössischen Departement für Auswärtige Angelegenheiten (EDA), hat der Bundesrat sein Flugzeug mit Besatzung auf Bitte der UNO-Kommission ab Ende 2012 bis Juni 2015 sechsmal zur Verfügung gestellt – «auf festgelegten Routen und Strecken, die mit Linienflugzeugen schwer zurückzulegen sind», wie Eltschinger ausführt. Auf Nachfrage stellt sich allerdings heraus, dass unter den angeflogenen Destinationen mit Istanbul, Ankara und Amman Städte waren, die mit Linienflügen ohne grossen Aufwand erreichbar sind. Nur bei den Destinationen Arbil im Nordirak und Gaziantep in der Türkei wäre die Anreise ohne Bundesratsjet wohl tatsächlich aufwendig geworden.
Die Kommission muss gemäss ihrem UNO-Mandat «unabhängig» sein, soll sich bei ihrer Arbeit also nicht von Staaten beeinflussen lassen. Steht die Flugzeugleihe der Schweiz nicht im Widerspruch zum Auftrag? EDA-Sprecher Eltschinger dementiert. Die Geste der Schweiz helfe der Syrienkommission, «ausschliesslich ihr Mandat zu erfüllen und Recherchen vor Ort durchzuführen», sagt Eltschinger. Der Bundesrat prüfe jede Anfrage sorgfältig und entscheide von Fall zu Fall. Zudem müsse die Kommission oft kurzfristig reisen, was das Reisen mit Airlines erschwere, heisst es aus dem EDA. Im Übrigen frage die Kommission auch andere UNO-Staaten um logistische Hilfe an.
Ankara wäre auch ohne Aufwand per Linienflug zu erreichen.
Die UNO-Kommission gibt sich auf Anfrage zugeknöpft. Ihr Sprecher Rolando Gomez sagt: Man sei der Schweiz und anderen UNO-Mitgliedsstaaten für die Hilfe dankbar, kommentiere die operativen Tätigkeiten aber nicht, insbesondere Details, wer wann wohin reise und mit welchen Transportmitteln. Del Ponte betont auf Anfrage des TA, sie sei nicht bei allen Flügen im Bundesratsjet an Bord gewesen, will darüber hinaus aber keine Auskünfte geben. Nebst Del Ponte gehören der Kommission der Brasilianer Paulo Sergio Pinheiro und die Amerikanerin Karen Koning AbuZayd an.
Regime verweigert Einreise
Das EDA hat die syrische Regierung in den letzten Jahren wiederholt aufgefordert, Del Ponte für Untersuchungen von Kriegsverbrechen ins Land einreisen zu lassen – bislang erfolglos. Im Aussendepartement hofft man, dass die Arbeit der UNO-Kommission die Voraussetzungen schafft, dass sich Kriegsverbrecher für ihre Taten dereinst vor einem internationalen Strafgericht verantworten müssen. Aus diesem Grund unterstützt die Schweiz die Schaffung eines sogenannten Untersuchungsmechanismus für Syrien, der von Genf aus operiert. Dabei handelt es sich um ein Expertenteam für die Untersuchung von Kriegsverbrechen. Die Idee dafür haben Diplomaten des Fürstentums Liechtenstein Ende 2016 in einer Resolution der UNO-Generalversammlung unterbreitet. Eine Mehrheit der UNO-Mitgliedsstaaten unterstützt sie, neben der Schweiz auch Österreich, Deutschland, Frankreich, Grossbritannien und Kanada.
Die Experten haben den Auftrag, Beweismaterial für in Syrien begangene Kriegsverbrechen von Hilfs- und Nichtregierungsorganisationen und auch der UNO-Untersuchungskommission für Syrien in Genf zusammenzutragen, zu analysieren und so aufzuarbeiten, dass es dereinst von einem Tribunal genutzt werden kann. Die Schweiz unterstützt das UNO-Gremium in diesem Jahr mit 550'000 Franken und wird gemäss Angaben des EDA auch in den kommenden Jahren Finanzhilfe leisten.
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