Cassis setzt bei Rahmenabkommen auf die neue EU-Kommission
Bundespräsident Maurer hält das institutionelle Abkommen mit der EU für gescheitert. Cassis hingegen hofft auf einen Durchbruch ab November.
Wird das noch was mit dem institutionellen Abkommen zwischen der Schweiz und der EU? Bundespräsident Ueli Maurer erklärte es jüngst an der Botschafterkonferenz für gescheitert.
Nun hat Aussenminister Ignazio Cassis klargemacht, dass die Landesregierung keineswegs dieser Meinung ist. Zwar räumte er am Dienstag im Ständerat indirekt ein, dass sich mit der aktuellen EU-Kommission keine gemeinsame Verhandlungslösung mehr finden lasse. Cassis machte aber auch deutlich, dass er auf einen Neustart der Gespräche über das Abkommen mit der neuen Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hofft.
«Der Bundesrat denkt, dass es, sobald wir auf der innenpolitischen Schiene genügende Klarheit haben und sobald auf der aussenpolitischen Schiene die EU-Kommission am 1. November ins Amt getreten ist und die Brexit-Geschichte vielleicht irgendwann auch mal beendet wird, möglich sein wird, einen Schritt vorwärtszumachen», sagte Cassis.
Ermutigt durch Ursula von der Leyen
Die neue EU-Kommission wird ihr Amt am 1. November 2019 antreten – einen Tag, nachdem Grossbritannien aus der EU ausscheiden wird, wenn es nach dem britischen Premierminister Boris Johnson geht. Ist der Brexit erst einmal vom Tisch, dürfte die EU mehr Kompromissbereitschaft gegenüber der Schweiz zeigen, argumentieren die Befürworter des institutionellen Abkommens.
Von der Leyen hat deren Hoffnung bei ihrer ersten Medienkonferenz genährt, als sie sagte, auf dem bisherigen Entwurf des institutionellen Abkommens lasse sich «aufbauen». Das klingt etwas offener als die Position ihres Vorgängers Jean-Claude Juncker, der die Verhandlungen auf verschiedenen Kanälen als «abgeschlossen» erklärte.
Allerdings mag Aussenminister Cassis nicht mehr allzu sehr auf Optimismus machen, wie er das noch vor den Sommerferien tat. Inwiefern sich mit der EU ein Kompromiss finden lasse, «werden wir in den nächsten Wochen und Monaten sehen», sagte er im Ständerat. Bedingung sei dafür auch «auf der innenpolitischen Schiene genügende Klarheit».
Dabei verwies Cassis auf drei Arbeitsgruppen, die im Auftrag des Bundesrats seit Mitte Juli Kompromissansätze für die drei umstrittenen Punkte im Abkommen suchen: den Lohnschutz, die Unionsbürgerrichtlinie und die staatlichen Beihilfen. Diese sind bisher jedoch kaum vorangekommen.
SVP sieht direkte Demokratie in Gefahr
Cassis verteidigte das Abkommen im Rat dennoch. Anlass dazu gab ihm ein Vorstoss des Schwyzer SVP-Nationalrats Peter Föhn, welcher dem Bundesrat verbieten wollte, Abkommen abzuschliessen, welche die Übernahme ausländischen Rechts vorsehen. Das wäre jedoch gemäss institutionellem Abkommen für fünf Marktzugangsverträge der Fall; die Schweiz würde zusichern, deren Änderungen in Zukunft zu übernehmen. Parlament und Stimmbürger könnten wie gewohnt über Gesetze entscheiden, auch das Referendumsrecht gälte weiterhin, doch könnte die EU im Fall eines Neins Sanktionen verhängen.
Föhn lehnt dieses Konstrukt, das «dynamische Rechtsübernahme» getauft wurde, entschieden ab. «Wir würden also sogar unsere Rechtshoheit verlieren, diejenige unseres eigenen Landes», sagte der Schwyzer. «Letztendlich heisst das eben, wir würden unter Umständen – eigentlich nicht nur unter Umständen – die direkte Demokratie verlieren.»
Der Luzerner FDP-Ständerat Damian Müller warf Föhn vor, den Volkswillen nicht zu akzeptieren: «Sie höhlen die Volksrechte aus, Sie verstossen gegen eines der wichtigsten Prinzipien unserer Demokratie, gegen das Prinzip von Treu und Glauben.» Denn das institutionelle Abkommen betreffe nur die fünf Marktzugangsabkommen der Bilateralen I, welche schon mehrfach in Volksabstimmungen deutlich bestätigt worden seien.
Der Ständerat lehnte die Motion von Peter Föhn schliesslich mit 37 zu 5 Stimmen sehr deutlich ab, dafür stimmten ausschliesslich die anwesenden SVP-Ständeräte.
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