Chaos bei der brasilianischen UBS-Tochter
Während die UBS-Aktionäre ihre Wunden lecken, geht es bei der brasilianischen Tochterbank Pactual offenbar hoch zu und her. Von Millionen, Intrigen und brasilianischem Temperament.
«Eine Bank braucht ein neues Gesicht» titelte letzte Woche «Exame», die bedeutendste Wirtschafts-Zeitschrift Brasiliens. Nötig sei dies, um bei der UBS-Tochter Pactual nach monatelangen internen Konflikten die Stimmung unter den Managern zu retten und die Resultate in Brasilien zu verbessern.
Es rumort bei der UBS-Tochter. Das hat viel mit der schillernden Figur von André Esteves zu tun. Zusammen mit anderen Teilhabern von Pactual verkaufte der gelernte Informatiker 2006 die Finanzboutique an die UBS. Danach leitete der damals 38-Jährige zuerst das Brasilien- und Lateinamerikageschäft der UBS, bevor ihn diese nach London holte. Sein Auftrag, die Scherben des Anleihegeschäfts im Investmentbereich zusammenzuwischen, schien ihn nicht wirklich zu begeistern. Ihm wird nachgesagt, er fühle sich zu Höherem berufen. Und so kehrte Esteves nach Brasilien zurück, wo er sich kurze Zeit später von der UBS und Pactual trennte.
Über die Umstände schweigen sich beide Parteien bis heute aus – der beste Nährboden für wilde Gerüchte. Esteves soll gemäss brasilianischen Quellen von der UBS in dreistelliger Millionenhöhe abgefunden worden sein. Das, obwohl er als Pactual-Chef um die 70 Millionen Dollar pro Jahr verdient habe.
Brasilianische Dunkelkammer
Ebenfalls im Dunkeln liegt die genaue Verkaufsabwicklung der Pactual an die UBS. 1 Milliarde Dollar wurde bei der Übernahme bezahlt. 500 Millionen wurden als Treueprämien zugunsten der Mitarbeitenden von Pactual in Aussicht gestellt. Weitere maximal 1,6 Milliarden stehen fünf Jahre nach dem Kauf, also 2011, an. Die Höhe dieser Summe ist an die Wertschöpfung gebunden. Und – so berichten brasilianische Medien – an eine Konkurrenzklausel. Nach dieser darf Esteves nicht als Konkurrent der UBS auftreten. Genau das macht er aber seit kurzem mit seiner neu gegründeten Banking and Trading Group, für deren Aufbau er gleich ein knappes Dutzend ehemaliger Pactual-Kollegen mitgenommen hat.
Wie reagiert die UBS? Zahlt sie die ausstehenden 1,6 Milliarden Dollar oder zahlt sie nicht? «Das kommentieren wir nicht», sagt Douglas Morris, UBS-Sprecher in New York. Und zum Konkurrenzverbot meint er: «Das betrachten wir nicht als direkte Konkurrenz. Herr Esteves betreibt ja nicht eigentlich eine Bank.»
Der gleiche Esteves, so geht die Runde, soll zuvor versucht haben, sich als Grossaktionär bei der UBS eine Machtposition aufzubauen. Es sei ihm aber nicht gelungen, Warren Buffet und Jorge Paulo Lemann, einen Brasilianer mit Schweizer Wurzeln, ins Boot zu holen. Möglicherweise war das der Grund, weshalb sich die UBS von Esteves verabschiedet hat.
Esteves gilt in Brasilien als Starbanker. Längst begleitet ihn der Ruf, geldgierig und geltungssüchtig zu sein. Entsprechend hat die UBS Pactual das Image einer aggressiven, erfolgreichen, aber intrigenhaften Bank.
Wie auch immer: André Esteves ist weg. Neu an die Spitze von Pactual kam vor wenigen Tagen Gilberto Sayão – 39-jährig und ein alter Weggefährte von Esteves. Als erstes soll er gemäss «Exame» für sich und seine Leute Boni im Umfang von 300 Millionen Reais (rund 150 Millionen Franken) eingefordert haben. Wahr oder nicht? Die UBS schweigt. Morris will dazu keinen Kommentar abgeben.
UBS hat Tochter nicht im Griff
Einen Kommentar erlaubt sich aber Rolf Neff, in Brasilien ansässiger Schweizer Geschäftsmann und verärgerter UBS-Aktionär: «Die UBS hat offenbar beim Kauf der Bank Pactual nicht berücksichtigt, in welche Hände sie sich begibt und welche Abhängigkeiten damit verbunden sind. In Brasilien läuft jedes Geschäft nur über persönliche Beziehungen, welche die Herren in Zürich nicht haben können. Sie sind demnach in diesem speziellen Falle völlig von einer kleinen Gruppe junger, skrupelloser Brasilianer abhängig.»
Neff hat keine offene Rechnung mit der UBS: «Ich habe rein gar nichts gegen die UBS, aber etwas gegen gewisse Machenschaften, die zum veritablen Debakel der UBS geführt haben.» Dazu zählt er auch die Geschehnisse rund um Pactual. Sein Fazit zwei Jahre nach der Übernahme: «Es gelang der UBS nicht, ihre Tochter in Brasilien nur einigermassen in den Griff zu bekommen.» Nach Neff wäre es aber falsch, die UBS als Opfer der Situation zu sehen: «Die UBS ist Täterin ihres wild wuchernden Schlamassels in São Paulo.»
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