Charles Taylor boykottiert Schlussphase seines Kriegsverbrecherprozesses
Nach dem gestrigen Eklat vor dem niederländischen Sondertribunal, muss das Schlussplädoyer erneut verschoben werden. Der ehemalige Machthaber Liberias blieb dem Gericht fern.

Der als Kriegsverbrecher angeklagte Ex-Präsident Liberias, Charles Taylor, hat erneut die entscheidende Schlussphase seines Prozesses boykottiert.
Auch sein Rechtsanwalt Courtenay Griffiths weigerte sich am Mittwoch, vor dem Sondertribunal für Sierra Leone in Leidschendam bei Den Haag zu erscheinen. Er sollte eigentlich das Schlussplädoyer der Verteidigung vortragen. Das Gericht setzte die Verhandlung bis zum kommenden Freitag aus.
Taylors Papiere kamen 20 Tage zu spät
Taylor selbst hatte gestern noch dem ersten Teil des Schlussplädoyers der Anklage zugehört, den Gerichtssaal jedoch nach der ersten Pause nicht wieder betreten. Als Grund gab er an, krank zu sein. Heute liess er mitteilen, er verzichte auf sein Recht, an der Verhandlung teilzunehmen.
Der Anwalt und Taylor hatten am Vortag den Gerichtssaal aus Protest verlassen, nachdem ihnen nicht gestattet wurde, eine umfangreiche Analyse des Prozessverlaufs als offizielles Dokument einzureichen. Vor einer Entscheidung darüber werde er das Schlussplädoyer nicht halten.
Vorwürfe gegen die USA und Grossbritannien
Er stützte sich auf Berichte von Diplomaten beider Länder, die von Wikileaks veröffentlicht worden waren. Das Gericht lehnte die Entgegennahme der Dokumentation mit der Begründung ab, dass die Verteidigung damit 20 Tage zu spät komme und die Beweisaufnahme schon vor Wochen abgeschlossen worden sei.
Taylors Anwalt wollte mit der Analyse nach eigenen Worten zeigen, dass die USA und Grossbritannien versucht hätten, den Prozess zu beeinflussen. Sie würden eine Verurteilung Taylors durchsetzen wollen, damit er nicht nach Liberia zurückkehren könne, erklärte der Anwalt.
Blutdiamanten
Staatsanwältin Brenda Hollis hatte das Tribunal am Dienstag noch im Beisein Taylors aufgefordert, ihn in allen elf Punkten der Anklage, darunter Mord, Vergewaltigung und die Rekrutierung von Kindersoldaten für schuldig zu sprechen. Taylor trage «die grösste Verantwortung für die furchtbaren Verbrechen», die in Sierra Leone begangen worden seien.
Gegen Taylor hatte auch das britische Topmodel Naomi Campbell im vergangenen Sommer vor dem Sondertribunal für Sierra Leone ausgesagt. Sie soll 1997 von Taylor ein Diamantengeschenk bekommen haben. Die Anklage will so beweisen, dass Taylor sogenannte Blutdiamanten besass. Er soll während des Bürgerkriegs im Nachbarland Sierra Leone die Rebellen mit Waffen unterstützt und dafür Blutdiamanten erhalten haben.
Schwere Vorwürfe gegen Taylor
Der 63-jährige Taylor ist der erste afrikanische Ex-Staatschef, der sich als mutmasslicher Kriegsverbrecher vor einem internationalen Gericht verantworten muss. In dem seit 2008 laufenden Verfahren wird Charles Taylor vorgeworfen, bis Ende 2001 den blutigen Bürgerkrieg in seinem Nachbarland Sierra Leone geschürt zu haben und für Waffenlieferungen an die von ihm ausgehaltene Rebellentruppe «Revolutionäre Vereinigte Front» grosse Mengen an geraubten Diamanten kassiert zu haben. Bei dem Bürgerkrieg wurden zwischen 1991 und 2001 etwa 120'000 Menschen getötet.
sda/afp/drn
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