Chefärzte dürfen die Höhe ihrer Boni weiterhin selber bestimmen
Die bürgerliche Mehrheit im Kantonsrat brüskiert den freisinnigen Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger.

Chefärzte am Universitätsspital können aufatmen. Der Kantonsrat hat es mit 102:66 Stimmen abgelehnt, die Verteilung der ärztlichen Zusatzhonorare in den kantonalen Spitälern anzupassen. Vorgeschlagen war eine Änderung des Honorargesetzes, mit der der Regierungsrat einen Bundesgerichtsentscheid aus dem Jahr 2012 umsetzen wollte. Dieses hatte nämlich entschieden, dass Spitalärzten geleistete Überzeit auch dann entschädigt werden muss, wenn sie neben ihrem regulären Einkommen auch Zusatzhonorare beziehen dürfen.
Der Regierungsrat wollte das Gesetz über die ärztlichen Zusatzhonorare allerdings noch weitergehend ändern. Grund: Im Unterschied zu früher kann der Kanton nur noch den eigenen Spitälern Vorschriften zur Verteilung der Zusatzhonorare machen. Das sind wie gesagt das Universitätsspital und die Psychiatrische Uniklinik, aber nach dem Scheitern der Privatisierung auch das Kantonsspital Winterthur und die Psychiatrie Winterthur. Alle anderen Listenspitäler sind heute mit der neuen Spitalfinanzierung frei bei der Honorarverteilung. Der Regierungsrat wollte diesen «Wettbewerbsnachteil» aufheben und für «gleich lange Spiesse sorgen», wie Gesundheitsdirektor Thomas Heiniger (FDP) gestern sagte.
Mit der Gesetzesänderung wäre die Verfügungsgewalt über die Zusatzhonorare auch in den kantonalen Betrieben an die Spitalleitungen gegangen. Heute dürfen die Chefärzte die Hälfte der Zusatzhonorare in ihren Kliniken behalten und mehr oder weniger nach ihrem Gusto unter den Kaderärzten verteilen. Abschaffen wollte der Regierungsrat ein weiteres Privileg der Kaderärzte. Heute können sie auch dazuverdienen, wenn sie persönlich zugewiesene allgemein Versicherte ambulant behandeln.
Für Heiniger bietet das heutige System monetäre Fehlanreize. Dazu komme der Nachteil, dass die Spitalführungen in kantonalen Betrieben zwar die volle finanzielle Verantwortung trügen, aber nicht voll über die Verwendung der Einnahmen verfügen könnten.
FDP: Bewährte Lösung
Doch diese Kompetenz wollte den Spitaldirektoren ausgerechnet Thomas Heinigers eigene FDP-Fraktion nicht zugestehen. «Wir sollten nicht ohne Not ein gut funktionierendes Gesetz ändern», sagte Linda Camenisch (Wallisellen). Die Verteilung von Zusatzhonoraren sei für Klinikdirektoren ein Führungsinstrument. Unterstützung erhielt sie von der SVP und den Grünliberalen.

Ruth Frei (SVP, Wald) befürchtet eine Zweiklassengesellschaft bei der ambulanten Behandlung, denn ohne die Zusatzverdienstmöglichkeiten falle für die Ärzte der Anreiz weg, Grundversicherte zu behandeln. Für Frei hat der Regierungsrat das Bundesgerichtsurteil dazu «missbraucht», die Honorarverteilung grundsätzlich neu zu regeln, obwohl dies gar nicht verlangt worden sei.
Daniel Häuptli (GLP, Zürich) warnte vor der Abwanderung von Chefärzten in die Privatkliniken, wenn künftig die Spitaldirektoren über ihre Zusatzhonorare entscheiden würden. «Diesen Blankocheck sollten wir den Spitalräten nicht erteilen», sagte Häuptli.
Selbstbedienungsmentalität
Die Angst vor der Abwanderung ist für Markus Schaaf (EVP, Zell) unbegründet: «Die Spitaldirektoren werden die Ärzte weiter so entschädigen, dass sie nicht zur Konkurrenz wechseln.» Und Apotheker Lorenz Schmid (CVP, Männedorf) wies auf eine Aussage von Martin Waser, Präsident des Spitalrats des Unispitals, hin. Er gehe eher von höheren als von tieferen Entschädigungen für Kaderärzte aus, soll Waser gesagt haben.

Hart ins Gericht mit den Chefärzten ging die Linke. Andreas Daurù (SP, Winterthur) verglich sie mit Ölscheichs, welche die Gewinne der Spitäler abschöpften. Kaspar Bütikofer (AL, Zürich) sprach von einem Feudalsystem: «Heute liegt alle Macht in den Händen der Klinikdirektoren, welche sich Millionen-boni in die eigenen Säcke stopfen.»
Für Esther Guyer (Grüne, Zürich) ist das heutige Regime ein «Göttersystem», in welchem die Chefärzte vor allem sich selber mit Zusatzhonoraren versorgten. Dies hätten konkrete Zahlen aus den Kliniken gezeigt, welche der Kantonsratskommission vorgelegt worden seien. Für Guyer ist es deshalb nicht angebracht, die Spitäler vor der Abwanderung der Chefärzte zu bewahren: «Sollen sie doch gehen, wir wollen keine Ärzte, die nur Geld im Kopf haben.»

Und Parteikollegin Kathy Steiner (Zürich) erinnerte daran, dass die Kaderärzte ihre «fürstlichen Zusatzhonorare» neben einer gut bezahlten 100-Prozent-Anstellung bekommen. Mit anderen linken Rednern wunderte sie sich auch, dass sie für «unternehmerisches Denken» werben und den Gesundheitsdirektor unterstützen müsse, während dessen Partei Klientelpolitik für «selbstherrliche Klinikdirektoren» betreibe.
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