Chefs im Überfluss in der Zürcher Verwaltung?
36 Mitarbeiter, 9 Vorgesetzte: Die hohe Kaderdichte in der Schul- und Büromaterialverwaltung hat eine Untersuchung ausgelöst.

Der Satz lässt aufhorchen: «Auffällig waren die im Verhältnis zur Gesamtzahl an Mitarbeitenden hohen Funktionseinstufungen und angeblichen Führungsaufgaben eines Grossteils der Mitarbeitenden.» So heisst es im soeben veröffentlichten Tätigkeitsbericht der Geschäftsprüfungskommission (GPK) des Gemeinderats im Kapitel «Schul- und Büromaterialverwaltung (SBMV)».
Aufgrund von Rückfragen zum städtischen Budget 2016 ist die GPK auf diese Abteilung im Schul- und Sportdepartement aufmerksam geworden und hat eine Funktionsanalyse verlangt. Sie liess im Finanzdepartement von Daniel Leupi (Grüne) und im Schuldepartement von Gerold Lauber (CVP) die Richtigkeit der Funktionen abklären, wie im Bericht weiter steht. Die GPK verlangte Informationen zu Verfahren, Regelungen, Lohneinstufungen und Stellenbeschrieb der Mitarbeitenden der Materialverwaltung.
36 Mitarbeiter, 9 Vorgesetzte
Wie es aus der GPK heisst, gab es Hinweise auf eine ungewöhnlich hohe Kaderdichte im städtischen Warenhaus für Schul- und Büromaterialien an der Ernastrasse im Kreis 4. «Viele Häuptlinge, kaum Indianer» wird dieses Phänomen im Volksmund genannt.
«Wir wurden von der GPK darüber befragt, wie die Einstufungen einzelner Funktionen der SBMV zustande gekommen sind», bestätigt Ralph Kreuzer, Sprecher von Schulvorsteher Gerold Lauber. Die SBMV habe erstaunt auf den Verdacht der Politiker reagiert. Doch die Fragen seien «ausführlich beantwortet worden». Dazu habe man das Organigramm der SBMV und die Stellenbeschreibungen zu jenen Funktionen abgegeben, für die sich die GPK interessierte, und die Prozesse beschrieben, die zu den jeweiligen Einstufungen führten.
Laut Kreuzer sind in der Schul- und Büromaterialverwaltung 36 Mitarbeitende auf 35,5 Stellenwerten angestellt. Insgesamt gebe es 6 Kaderstellen und 3 Positionen, die einfache Leitungsfunktion wahrnehmen. «Eine vernünftige Zahl von Kaderangestellten», sagt Kreuzer. Eine Chefkumulation könne man sich «gar nicht leisten». Die GPK habe nach Erhalt der Informationen denn auch «keine Beanstandungen geäussert». Das zeige: «Wir halten uns an die städtischen Vorgaben und Prozesse.» Deshalb gebe es auch keinen Anlass für Konsequenzen oder sogar für Rückstufungen.
Rückendeckung kommt vom Finanzdepartement. Ursula Hess, Leiterin Information und Dokumentation bei HR Management Stadt Zürich, hält das Verhältnis Chef/Untergebene in der SBMV für «nicht aussergewöhnlich». Einen eindeutigen Kaderbegriff gebe es in der Stadtverwaltung allerdings nicht. Der variiere je nach Berufsgruppe und Organisationsart einer Abteilung.
Laut GPK-Präsident Bernhard im Oberdorf (SVP) hat sich seine Kommission mit den Angaben zufriedengegeben. Die Stadt habe die verlangten Daten geliefert und plausible Erklärungen für die Funktionseinstufungen in dieser Verwaltungsabteilung abgeben können. «Das Ganze bewegt sich im vertretbaren Rahmen.» Aus Sicht des Aufsichtsgremiums drängten sich deshalb keine weiteren Schritte auf.
Doch wie sieht es in anderen Abteilungen aus? Gibt es womöglich auch anderswo in der umfangreichen Stadtverwaltung eine Tendenz zur Chefkumulation? «Das haben wir nicht untersucht, dazu fehlen uns aber auch die Hinweise», sagt im Oberdorf. Auch Michael Schmid, Fraktionschef der bei Personalfragen stets besonders sensiblen FDP, warnt vor Verallgemeinerungen. Dazu sei der Fall der SBMV zu wenig aussagekräftig. Der Grüne Matthias Probst, Präsident der fürs Personalwesen zuständigen Finanzkommission, hat ebenfalls keine Hinweise auf weitere Chefballungen in städtischen Dienstabteilungen.
Die Zürcher Schul- und Büromaterialverwaltung existiert seit 1908. Sie ist zuständig für den Einkauf und die Verteilung von Lehrmitteln und Unterrichtsmaterial an Schulen, Horten und Kindergärten. Daneben beschafft sie auch Büromaterial und -geräte für die Stadtverwaltung und kümmert sich um den Unterhalt dieser Geräte.
Aufwand und Ertrag belaufen sich jährlich auf rund 20 Millionen Franken, wie Sprecher Ralph Kreuzer sagt. «Die SBMV hat kein Gewinnziel, sie muss ihre Leistungen kostendeckend erbringen.» Das Rechnungsergebnis sei jeweils abhängig vom Bestellverhalten der Verwaltungseinheiten und Schulen. Je nachdem könne ein kleiner Gewinn oder Verlust resultieren.
Privatisierung «kein Thema»
Die SBMV stand in der Vergangenheit schon verschiedentlich im Fokus, nicht zuletzt wegen Reorganisationen. 2012 lehnte der Gemeinderat ein FDP-Postulat mit der Forderung einer Zusammenlegung mit der kantonalen Drucksachen- und Materialverwaltung ab. Die Synergieeffekte wären gering, argumentierte der Stadtrat damals. 2001 verlangte die SVP die vollständige oder teilweise Privatisierung. Das Postulat wurde zwar überwiesen, die damalige Schulvorsteherin Monika Weber wehrte sich aber gegen die Vorschläge. Laut Ralph Kreuzer ist eine Privatisierung «derzeit kein Thema».
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