Clinton findet FBI-Vorgehen «beispiellos und tief verstörend»
Hillary Clinton greift FBI-Direktor James Comey nach neuen E-Mail-Enthüllungen scharf an. Diese kommen zu einem heiklen Zeitpunkt.

Mit Empörung hat die US-Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton darauf reagiert, dass das FBI gut eine Woche vor dem Wahltag der alten Affäre um ihre E-Mails neue Nahrung gegeben hat. Der Vorgang sei «beispiellos und tief verstörend», sagte Clinton am Samstag in Daytona Beach im Bundesstaat Florida.
Mehrere ihrer Kollegen aus der Demokratischen Partei forderten den FBI-Direktor James Comey auf, seine knappen Angaben zu den ausgespähten Clinton-Mails bis Montag zu präzisieren. Comey war selber über lange Jahre Republikaner, ist aber nach Medienberichten mittlerweile kein eingetragenes Mitglied mehr.
Die «Washington Post» berichtet indes, die FBI-Agenten wüssten schon seit Monatsbeginn von den neu aufgefundenen E-Mails. FBI-Direktor Comey selber sei aber erst am Donnerstag informiert wurden, gibt dieser bekannt. Er habe aber umgehend nach dem Briefing den Kongress informiert.
Trumps neue Wahlkampfmunition
Comeys Enthüllungen wurden von Clintons Kontrahent Donald Trump bei dessen Auftritten am Wochenende als Wahlkampfmunition genutzt. Clinton dürfe mit ihren «kriminellen Machenschaften» nicht ins Weisse Haus einziehen, sagte der republikanische Kandidat.
Bei einem Auftritt in Colorado warf Trump der Ex-Aussenministerin «kriminelles und illegales Verhalten» vor. Er sprach vom «grössten politischen Skandal seit Watergate». Die Anhänger des 70-Jährigen forderten in Sprechchören, wie sie im Wahlkampf immer wieder zu hören waren: «Sperrt sie ein!»
Substanz unklar
Die Substanz der neuen Wendung in der E-Mail-Affäre blieb am Wochenende weitgehend unklar. Die US-Bundespolizei FBI hatte am Freitag überraschend angekündigt, sich nochmals mit der Affäre zu befassen, da neue Mails aufgetaucht seien, die für die Clinton-Untersuchung anscheinend «relevant» seien, erklärte Comey.
Laut US-Medienberichten stammen die neuen Mails von einem Laptop, das der 2011 zurückgetretene demokratische Abgeordnete Anthony Weiner - gegen den das FBI wegen mutmasslicher Sex-Botschaften an eine 15-Jährige ermittelt - zusammen mit seiner Frau Huma Abedin benutzte. Abedin gehört zum engsten Kreis der Clinton-Berater, sie lebt inzwischen von Weiner getrennt.
Es sei nicht nur «eigenartig», wenn die knappen Informationen Comeys kurz vor dem Wahltag veröffentlicht würden, es sei «beispiellos und tief verstörend», sagte Clinton bei ihrem Wahlkampfauftritt in Daytona Beach. «Denn die Wähler haben es verdient, vollständige Fakten zu erhalten.»
Clinton zuversichtlich
Die 69-Jährige zeigte sich «zuversichtlich», dass aus der angekündigten Überprüfung der neu aufgetauchten Mails keine anderen Schlussfolgerungen als im Juli gezogen würden.
Clinton hatte in ihrer vierjährigen Amtszeit als Aussenministerin unter Verstoss gegen die geltenden Regeln private und damit nicht sonderlich geschützte Server für ihre dienstliche Kommunikation genutzt.
Dafür erteilte ihr Comey im Juli eine Rüge, indem er ihr «extreme Nachlässigkeit» vorwarf. Das Justizministerium verzichtete aufgrund des FBI-Berichts aber auf ein Ermittlungsverfahren gegen Clinton. Die Affäre galt damit eigentlich als juristisch abgehakt.
Clintons Wahlkampfchef John Podesta reagierte erbost auf Comeys Vorgehen. Das FBI habe sich vom Trump-Lager «einschüchtern» lassen, erklärte Podesta. Möglicherweise handle es sich bei den nun aufgetauchten Mails lediglich um «Doubletten» der bereits im Sommer untersuchten.
Demokratin in Wählergunst vorn
In einer am Samstag auf der Website RealClearPolitics veröffentlichten Bilanz von Meinungsumfragen lag Clinton in der Wählergunst landesweit 3,9 Prozentpunkte vor Trump. Zehn Tage zuvor hatte der Abstand bei 7,1 Prozentpunkten gelegen.
Die meisten Experten halten es für kaum möglich, dass Trump die Führung übernehmen kann, auch weil in vielen Bundesstaaten seit Wochen abgestimmt wird. Bei den Wählern, die in den vergangenen beiden Wochen ihre Stimmen abgaben, liegt Clinton mit 15 Prozentpunkten vorne, wie eine Studie von Reuters und dem Forschungsinstitut Ipsos ergibt.
Die Popdiva Jennifer Lopez warf bei einem Gratis-Konzert in Miami ihr ganzes Ansehen in die Waagschale für Clinton. Nachdem die 47-jährige Sängerin ihr Lied «Let's Get Loud» angestimmt hatte, griff Clinton das Stichwort auf und ermunterte ihre Anhänger, sie sollten «laut werden» und mit Hausbesuchen und Telefonaten für sie werben. «Wenn wir zur Wahl gehen, gewinnen wir!», rief Clinton.
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