CSU verliert in Bayern links und rechts – und Seehofer?
Historische Wahlniederlage für die CSU, grosser Sieg für die Grünen und die Frage nach personellen Konsequenzen.
Markus Söder lächelt tapfer, als er die historische Wahlniederlage seiner CSU quittiert: «Es ist natürlich kein einfacher Tag.» Dann gibt er die Parolen für die nächsten Tage aus. Seine Partei werde nun «schnell eine stabile Regierung bilden». Er ziehe dabei ein «bürgerliches Bündnis» mit den überraschenden Freien Wählern einer Koalition mit den noch stärkeren Grünen klar vor.
Die Grünen seien inhaltlich von der CSU weit entfernt. Fragen nach Parteichef Horst Seehofer, dessen Rücktritt viele in der Partei fordern und dem laut Umfragen auch die meisten Wähler die Schuld am Absturz der CSU geben, weicht der Ministerpräsident aus: Priorität habe die schnelle Regierungsbildung, dann werde man das Debakel analysieren und sehen, ob es auch personelle Konsequenzen erfordere. Seehofer kann sich also keineswegs sicher fühlen.
Verluste auf beiden Seiten
Eine erste Analyse der sogenannten Wählerwanderung belegt, dass die CSU mit ihrem Schlingerkurs der vergangenen Monate nach links und nach rechts Wähler verloren hat: 180'000 frühere CSU-Anhänger wechselten diesmal zu den konservativen Freien Wählern, ebenso viele zur rechtspopulistischen Alternative für Deutschland (AfD). Aber noch mehr, nämlich 200'000, zu den Grünen.
Von Politikverdrossenheit kann in Bayern übrigens keine Rede sein: Nie seit den 1980er-Jahren gingen so viele Wähler zur Urne wie diesmal: mehr als 70 Prozent nämlich. Und noch nie sassen so viele Parteien im bayerischen Landtag wie heute, nämlich sechs – zumindest wenn die FDP, wie es die letzten Hochrechnungen nahelegten, über 5 Prozent bleibt. Zwischen 1970 und 2008 waren es zumeist nur drei gewesen, 1982 bis 1986 sogar bloss zwei.
Das Rezept der Grünen
Die grossen Gewinner des Wahltags waren die Grünen. Sie sind zwar seit 1986 ununterbrochen im bayerischen Parlament vertreten, konnten aber noch nie mehr als 10 Prozent der Stimmen gewinnen. Ihren Rekord von 2008 verdoppelten sie diesmal nahezu. Mit ihrem jungen Münchner Spitzenduo Katharina Schulze und Ludwig Hartmann überzeugten die Grünen vor allem aussergewöhnlich viele junge Wähler.
Erfolgreich stilisierten sie sich als antipopulistische Gegenspieler von CSU und AfD und gewannen mit der Sorge um Natur und Heimat auch auf dem Land viele Wähler. In den Städten mit mehr als 100'000 Einwohnern, früher eine Domäne von CSU oder SPD, waren die Grünen diesmal mit einem Anteil von 30 Prozent sogar die wählerstärkste Partei überhaupt.
Von der Schwäche der CSU profitierten am Sonntag aber nicht nur die Grünen, sondern in besonderem Masse auch die Freien Wähler. Ihr Anführer ist der Volkstribun Hubert Aiwanger, ein Urbayer, der über ein besonders gutes Gespür für die Sorgen der sogenannten kleinen Leute auf dem Land verfügt. Mehrmals hat er Themen aufgespürt, bei denen die CSU an ihrer eigenen Klientel vorbeipolitisierte, und dieser dadurch Wähler abgeworben, die die CSU längst für «zu abgehoben» halten. Wenn nicht alles täuscht, dürfte der 47-jährige Niederbayer bald stellvertretender Ministerpräsident werden.
AfD verliert Wähler
Auch die AfD konnte sich am Wahlabend zu den Siegern zählen, immerhin übersprang sie nun bei der 15. Landtagswahl in Folge die 5-Prozent-Hürde. Gleichzeitig liegt ihr Resultat deutlich unter den aktuellen nationalen Umfragewerten. Parteichef Alexander Gauland begründete dies mit der Konkurrenz der Freien Wähler, die bereits ein bürgerliches «Korrektiv zur CSU» seien. Tatsache ist aber auch, dass die AfD in den Umfragen deutlich sank, nachdem sie in Chemnitz Seite an Seite mit Rechtsextremen und Neonazis demonstriert hatte. Gegenüber der Bundestagswahl vor einem Jahr verlor die Partei in Bayern jedenfalls fast 200'000 Stimmen.
Noch verheerender als für die CSU fiel die Niederlage für die Sozialdemokraten aus. Gegenüber 2013 verloren sie die Hälfte ihrer Wähler – besonders viele an die Grünen, die programmatisch und personell frischer wirken. Entsprechend erschüttert zeigten sich die Spitzengenossen in München und Berlin.
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