CVP will Kopftücher an Schulen verbieten
Was im neuen Grundsatzpapier der Partei zum politischen Islam steht.

Die CVP solle eine Wertepartei werden, sagte Parteipräsident Gerhard Pfister nach seiner Wahl vor bald zwei Jahren. In Interviews provozierte er mit der Ankündigung, die CVP müsse eine Art christlich-abendländische Leitkultur in der Schweiz etablieren. Islam und Judentum, so konnten Pfisters Worte interpretiert werden, sollen nicht Teil der Schweizer Gesellschaft sein, deren Angehörige nur geduldet.
Die Empörung war gross, ebenso die Erwartungen an das damals angekündigte Parteipapier zu «Werten und Rechtsstaat». Jetzt liegt das Papier der SonntagsZeitung vor. Und sein Inhalt ist brisant. Zwar ist von einer christlichen oder gar katholischen Dominanz nicht mehr explizit die Rede. Aber das Papier lanciert den Kampf gegen den politischen Islam und verlangt dazu auch Verbote und Einschränkungen für Muslime, die nichts mit Fundamentalismus zu tun haben.
«Der politische Islam ist als Phänomen und als Herausforderung auch in der Schweiz angekommen. Nötig sind klare, nachvollziehbare und verbindliche Handlungsanweisungen, die das gute Zusammenleben der Kulturen und Religionsgemeinschaften gewährleisten», hält das Parteipapier fest. Und weiter: «So wie im Antirassismusartikel gefährliches rassistisches Gedankengut bestraft wird, muss auch entschlossen gegen Fundamentalismus jedwelcher Provenienz vorgegangen werden.»
Kopftuchverbot soll Gleichstellung fördern
Und dazu verlangt die CVP auch sehr weitgehende Massnahmen wie ein «Kopftuchverbot an Schulen». Das Burkaverbot, das in einer Volksinitiative aus SVP-nahen Kreisen gefordert wird, unterstützt die CVP schon seit einiger Zeit. Dass man in Schulen jetzt auch das Kopftuch verbieten will, begründet man mit Emanzipations- und Gleichstellungsargumenten: «Kleidungsstücke, welche die Unterordnung der Frau unter den Mann symbolisieren, lehnen wir ab.» Schulen und Kindergärten seien gesetzliche Schutzräume für das säkulare Gesellschaftsmodell. Und: «Alle Kinder müssen das Recht auf eine gleichgestellte Entwicklung erhalten, unabhängig vom Geschlecht.»
Zudem sollen sich Zuzüger aus anderen Kulturen generell nicht nur auf das Schweizer Recht, sondern bis zu einem bestimmten Grad auch auf hiesige Lebensweisen verpflichten. Die CVP fordert deshalb, das Aufenthaltsrecht für Migranten müsse an verbindliche Integrationsvereinbarungen gebunden werden. Es brauche «detailliert formulierte Integrationsvereinbarungen von Neuankömmlingen als Voraussetzung für einen Aufenthalt», steht im Papier. Darin sollen sich Zuwanderer aber nicht nur auf die Einhaltung von Menschenrechten, sondern auch auf «Respektierung unserer Werte» verpflichten.
Muslim-Gemeinschaften sollen für Imame haften
Gleichzeitig fordert das CVP-Papier eine massiv verstärkte Kontrolle der muslimischen Gemeinschaften. Dazu gehört ein Einreiseverbot für Fundamentalisten. Muslimische Organisationen sollen darüber hinaus «haftbar gemacht werden für eine gefährliche Radikalisierung ihrer Mitglieder durch die Verbreitung von Irrlehren». Schliesslich will man «die Streichung der Sozialhilfe für Jihadisten, aber auch für Gefährder und radikalisierte Muslime». «Es darf nicht sein, dass mit unseren Steuergeldern fundamentalistische Lebensweisen oder gar extremistische Aktivitäten unterstützt werden», lautet die Begründung im CVP-Papier.
Auffallend ist, dass den Verboten und Verpflichtungen auf «christliche und aufgeklärte» Werte nur wenige Integrationshilfen wie Bildungsangebote für Frauen und Mädchen und keinerlei Verbesserungen des Rechtsstatus der muslimischen Gemeinden gegenüberstehen. Eine Anerkennung als Religionsgemeinschaft, wie dies SP-Chef Christian Levrat vor einem Monat in der SonntagsZeitung geforderthat, ist für Pfister und seine CVP kein Thema. «Hier geht es vor allem um Massnahmen gegen fundamentalistische, islamistische Tendenzen und Personen beziehungsweise um Massnahmen, die die Radikalisierung von bestimmten muslimischen Gruppen verhindern soll», kommentiert Pfister die Ausrichtung des Papiers und verweist darauf, dass die Forderungen von liberalen Muslimen positiv beurteilt worden seien.
Ziel ist eine Islampolitik
Weiter will Pfister das Papier noch nicht kommentieren. Es wurde von einer internen CVP-Arbeitsgruppe verfasst und vom Parteipräsidium genehmigt, muss aber noch vom Vorstand abschliessend behandelt werden. Laut Pfister sollen die im Papier enthaltenen Grundsätze und Forderungen die Leitplanken für die Politik der CVP gegenüber dem Islam in der Schweiz vorgeben.
Tatsächlich gibt es in der CVP bereits Überlegungen zu einem sogenannten «Religionsartikel». «Wir sollten über ein Gesetz diskutieren, das das Verhältnis zwischen Kultusfreiheit und Rechtsstaat regelt», sagt Pfister. Es gehe dabei nicht um eine nicht zulässige Einschränkung der Religionsfreiheit, sondern allenfalls um eine «Einschränkung von Handlungen, die religiös begründet werden, und die rechtsstaatlich oder gesellschaftlich/kulturell problematisch sind.» Gebote und Verbote, wie sie im neuen Papier formuliert werden, könnten für Pfister «Grundlage für die Formulierung eines solchen Religionsartikels sein». Der Plan ist, diesen Religionsartikel als Gegenvorschlag zur Burkaverbotsinitiative einzubringen. Man könne das Burkaverbot als Anlass nehmen, um das Verhältnis von Religion und Recht breiter zu regeln, sagt Pfister. Am Mittwoch wird der Bundesrat die Burkaverbotsinitiative behandeln und wohl selbst einen Gegenvorschlag präsentieren – dabei aber nur auf die Burka fokussieren.
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