«Dann griffen unsere eigenen Nachbarn an»
Nach zweimonatigem Unterbruch wurde der Prozess gegen Ratko Mladic am UNO-Tribunal in Den Haag wieder aufgenommen.Über 400 Zeugen sollen aussagen. Der erste schilderte die Gewalteruption.
Die schweren serbischen Kriegsverbrechen im bosnischen Bürgerkrieg (1992-1995) trafen die Muslime wie aus dem Nichts. Muslime, Serben und Kroaten hätten bis 1992 harmonisch zusammengelebt, berichtete der erste Zeuge im Prozess gegen den serbischen General Ratko Mladic, Elvedin Pasic, heute vor dem UNO-Tribunal in Den Haag.
Als damals 14-Jähriger sei er gemeinsam mit Serben in die Schule gegangen, habe mit serbischen Freunden Sport getrieben und seine Ferien verbracht. «Dann sind wir von unseren eigenen Nachbarn angegriffen worden», schilderte der Zeuge. Sein Dorf Hrvacani nordwestlich von Sarajevo sei von serbischer Artillerie beschossen worden. «Alles wankte und wir schützten unsere Köpfe aus Angst, ein Geschoss könnte uns treffen», sagte er weiter. Immer wieder musste der heute erwachsene Mann eine Pause einlegen, weil ihm seine Stimme versagte.
Über 400 Zeugen
Nach knapp zweimonatiger Unterbrechung hat das UNO-Tribunal für das ehemalige Jugoslawien heute den Prozess gegen den früheren bosnisch-serbischen Armeechef Ratko Mladic fortgesetzt. Die Staatsanwaltschaft will über 400 Belastungszeugen aufbieten.
Mladic, dem damaligen Militärchef der bosnischen Serben, werden die schwersten Kriegsverbrechen in Europa seit 1945 zur Last gelegt. Mladic soll verantwortlich sein für den Tod von Tausenden und die Vertreibung von Hunderttausenden Menschen.
Srebrenica und Sarajewo
Die Anklage gegen den 70-Jährigen lautet auf Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Mladic selbst betrachtet sich als unschuldig. Mladic wird vor allem für das Massaker von Srebrenica verantwortlich gemacht, bei dem Tausende muslimische Jungen und Männer ermordet wurden. Zudem wird dem früheren Armeechef die Verantwortung für die 44-monatige Belagerung von Sarajevo zugeschrieben, bei der nach Angaben von Menschenrechtsorganisationen etwa 10'000 Zivilisten getötet wurden.
Der Prozess war am 17. Mai unmittelbar nach der Anklageverlesung wegen «Unregelmässigkeiten» ausgesetzt worden. Die Verteidigung der Anklage hatte dem Gericht die Zurückhaltung von Dokumenten vorgeworfen.
SDA/ami/kle
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