Darum schaltet Podladtchikov plötzlich einen Gang zurück
Erstmals in seiner Karriere lässt sich Iouri Podladtchikov Zeit für ein Comeback. Für Rang 5 in Laax reicht es trotzdem.

Es ist das grosse Comeback des Iouri Podladtchikov. Am Samstagabend wirbelt er am Crap Sogn Gion mit bestechender Sicherheit durch die Halfpipe, Trick für Trick landet er, ohne den kleinsten Wackler. Das bringt ihm letztlich den fünften Platz ein, es ist jenes Top-5-Ergebnis, das er im Vorfeld als Optimum bezeichnet hat.
Zu den Höchstschwierigkeiten von Titelverteidiger Scotty James und dessen Herausforderer Yuto Totsuka fehlt aber ein gutes Stück. Das ist sich Podladtchikov bewusst, doch er belässt es dabei. Statt im zweiten Finallauf noch einen draufzusetzen, begnügt er sich mit Styletricks, ohne Aussicht auf eine Verbesserung seines Resultats. Es ist ein Lauf für sich und für die über 7000 Zuschauer, die fürs frostige Nachtspektakel auf den Berg gekommen sind.
Von einem Comeback will er nichts wissen
Das passt eigentlich nicht zum ehrgeizigen Wettkämpfer. Und zeugt zugleich von der Entwicklung, die er gemacht hat. Denn der 5. Platz ist auch so ein starkes Comeback für einen, der seinen ersten Wettkampf nach Achillessehnenriss und einjähriger Absenz bestreitet und erst seit dem 20. Dezember wieder regelmässig auf dem Schnee trainiert.
«Ich sah, dass sie mich aufgegeben hatten.»
Doch der 31-Jährige will nichts von einem Comeback wissen. Sein Comeback gebe er erst nächste Saison, sagt er. Wäre das Laax Open für ihn nicht so eine Herzensangelegenheit, er hätte diesen Winter wohl nie eine Startnummer übergestreift.
Es geht aber auch gar nicht so sehr um das sportliche Comeback des Halfpipe-Olympiasiegers von 2014 in Sotschi. Sondern um jenes in der Öffentlichkeit, das er in diesen Tagen begangen hat. Auf allen Kanälen ist er wieder präsent, von Schawinski bis «Blick». Wie so oft findet er markige Worte. Nach seinem Achillessehnenriss habe er zweifelnde Blicke gespürt, auch von Leuten, die ihm nahestehen: «Ich sah, dass sie mich aufgegeben hatten. ‹Das schafft er nicht mehr.›» Zugleich wirkt Podladtchikov nachdenklicher und zugänglicher als in der Vergangenheit.

Man soll nicht zu viel in solche öffentliche Auftritt hineininterpretieren. Doch auch aus Podladtchikovs Umfeld wird bestätigt, dass die vielen Rückschläge in den vergangenen Jahren beim Athleten eine Entwicklung ausgelöst haben. Seit 2017 wurde er durch einen Kreuzbandriss, ein Schädel-Hirn-Trauma, ein Magengeschwür und zuletzt einen Achillessehnenriss ausgebremst.
Jede dieser Verletzungen allein hat schon Sportlerkarrieren beendet. So weit ist es bei Podladtchikov nicht. Statt des Rücktritts machte er aber einen Schritt zurück. Er nahm im Herbst, als die Achillessehne immer noch stark schmerzte, Abstand vom Snowboard, vom gewohnten Leben ganz generell. Er verschob seinen Lebensmittelpunkt nach New York, wo er einen Studiengang in Fotografie absolviert.

Also doch die ersten Schritte eines etappenweisen Abschieds? Weit gefehlt. Vielmehr hat er eine neue Gelassenheit gefunden. «Iouri muss keinem Resultat mehr nachlaufen. Er war Olympiasieger, Weltmeister beider Verbände, stand allein in Laax seit 2007 zehnmal auf dem Podest», sagt Nationaltrainer Pepe Regazzi über seinen Athleten, der weiterhin das Aushängeschild des Schweizer Teams ist – und seine Gelassenheit mit dem Auftritt am Laax Open unter Beweis stellt im Wettstreit mit Konkurrenten, die 5 bis 13 Jahre jünger sind als der Zürcher.
Er schaut von Tag zu Tag
Es war ein bewusster Entscheid, Tempo aus Podladtchikovs Sportlerleben rauszunehmen. Er hatte sich einen Ruf gemacht, nach schweren Verletzungen fast schon mirakulös zurückzukehren. Jetzt nicht mehr. Die Gedanken an die grossen Coups und Sprünge hat er weit weggeschoben, schaut nur von Tag zu Tag. Auch um sich das Wettkampf-Snowboarden noch lange zu erhalten, denn dieses bleibt seine grosse Liebe, auch grösser als die Fotografie, die er ebenfalls zelebriert. Davon zeugt die Aussage, mit der Podladtchikov in der Ausstellung «Welcome on Board» in Flims seine Beziehung zu seinem Sport umschreibt: «Es bereitet mir immer noch mehr Freude als jede andere Beschäftigung.»
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