Das Anti-Ansteckungsprogramm der EU
Längere Laufzeiten für Notkredite und tiefere Zinsen: Alarmiert durch den drohenden Kollaps von Italien, beschloss die Eurogruppe neue Massnahmen gegen die Schuldenkrise.

Die Eurozone will durch mehrere Massnahmen verhindern, dass sich die Schuldenkrise zu einem Flächenbrand entwickelt. Als mögliche Schritte nannte Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker eine Stärkung des Euro-Rettungsfonds sowie Krediterleichterungen für Schuldenstaaten.
Nach stundenlangen Beratungen erklärten die Euro-Finanzminister gestern Abend in Brüssel ihre Bereitschaft, «weitere Massnahmen zu verabschieden, die die systemische Widerstandsfähigkeit der Eurozone gegen eine Ansteckungsgefahr stärken».
Stärkung des Euro-Rettungsfonds
Dazu gehörten eine Stärkung des bestehenden Euro-Rettungsfonds sowie Krediterleichterungen für die Länder, die internationale Kredithilfen erhalten, sagte Juncker und fügte hinzu: «Das ist ein Anti-Ansteckungsprogramm.»
Zuvor hatten sich die Befürchtungen gemehrt, dass Italien als nächstes Land seine Schulden nicht mehr alleine in den Griff bekommt. Italien ist die drittgrösste Volkswirtschaft der Eurozone, ein Hilfseinsatz für das Land könnte den Europäern wesentlich grössere Probleme bereiten als die bisherigen Pakete für Griechenland, Irland und Portugal.
Hilfe bei Rückzahlung
Konkret wird der Erklärung zufolge überlegt, «die Flexibilität und den Anwendungsbereich» des Euro-Rettungsfonds zu erweitern. Der Fonds kann nach einer kürzlich beschlossenen Aufstockung 440 Milliarden Euro an verschuldete Länder verleihen.
Offen blieb, ob diese Summe aufgestockt werden soll. EU- Währungskommissar Olli Rehn schloss nicht aus, dass der Fonds künftig auch Schulden von Euro-Ländern an den Finanzmärkten aufkaufen kann.
Zudem können Griechenland, Irland und Portugal auf Erleichterungen bei der Rückzahlung ihrer Kredite hoffen. Die Euro- Länder wollen die Zinsen senken und die Rückzahlfristen verlängern. Auch hier müssen die Einzelheiten aber erst noch ausgearbeitet werden.
Kein Entscheid zu Griechenland
Konkrete Beschlüsse zu einem zweiten Rettungspaket für Griechenland wurden nicht gefasst. Die Finanzminister bekräftigten in ihrer Erklärung, dass sich private Banken an einem zweiten Rettungspaket beteiligen sollen.
Über die Ausgestaltung dieser Bankenbeteiligung besteht jedoch offenbar noch keine Einigkeit. «Es werden Gespräche darüber geführt, die wollen wir so schnell wie möglich zu einem Abschluss bringen», sagte Juncker.
Die Beteiligung der privaten Gläubiger ist technisch kompliziert und könnte dazu führen, dass Ratingagenturen einen solchen Schritt als Zahlungsausfall bewerten. Das will die Europäische Zentralbank (EZB) unbedingt verhindern, da in diesem Fall Turbulenzen an den Finanzmärkten drohen. Dies wurde auf Dringen der EZB auch noch einmal ausdrücklich in der Mitteilung von Montagabend erwähnt.
Abschluss nächste Woche
Griechenland hatte vergangenes Jahr Notkredite in Höhe von 110 Milliarden Euro gewährt bekommen. Inzwischen ist jedoch klar, dass ein weiteres Paket in etwa dieser Höhe nötig ist. Ursprünglich sollte das Paket bereits Anfang Juli stehen, nun wird mit einem Abschluss in den kommenden Wochen gerechnet.
Griechenlands Ministerpräsident Giorgos Papandreou warnte in einem Brief an Juncker vor Uneinigkeit im weiteren Vorgehen, die «mehr Panik als Sicherheit» schaffe.
dapd/wid/mrs
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