«Das Entsorgen alter Menschen darf nicht Schule machen»
Die Frau, die einen Pflegebedürftigen in Indien ausgesetzt hat, steht heute Mittwoch vor dem Winterthurer Bezirksgericht. Der Staatsanwalt bezeichnet die Tat in seinem Plädoyer als besonders herzlos.

Ein alter Mann sei wegen der Pflegekosten regelrecht entsorgt worden, so der Staatsanwalt. Dieses Verhalten dürfe nicht Schule machen. Die Beschuldigte müsse zur Rechenschaft gezogen werden, sagte er. In finanzieller Hinsicht sei ihr Plan schliesslich wunderbar aufgegangen. Weil die Pflegekosten für ihren Lebenspartner in Indien viel tiefer gewesen seien als jene in der Schweiz, sei ihre Tochter heute Erbin eines stattlichen Vermögens.
Für die Beschuldigte, eine 65-jährige pensionierte Devisenhändlerin einer Grossbank, fordert er deshalb eine unbedingte Freiheitsstrafe von 3,5 Jahren. Bereits eineinhalb Jahre vor der Reise nach Indien habe sie einen Versuch unternommen, den Mann in einem Billiglohnland unterzubringen - in Thailand.
Aus sichergestellten E-Mails geht hervor, dass sie einen Assistenten oder Studenten suchte, der auf einen 72-jährigen behinderten Mann aufpassen könne. Luxuriöse Unterbringung sei nicht nötig. Dafür bot sie 60 bis 80 Dollar Entschädigung pro Tag. Niemand wollte die Stelle.
Billigpflegeplatz in Indien
In Indien klappte es schliesslich für 2400 Franken pro Monat. Über die lokalen Verhältnisse habe sie sich vorher aber nicht erkundigt, sagte der Staatsanwalt weiter. Zürcher Polizisten, welche das Haus in Indien bei den Ermittlungen besuchten, schilderten Zustände, die von jenen in einem Schweizer Pflegeheim weit entfernt waren.
Umgeben von offenen Kanälen und Unrat lebte der Bauer aus dem Raum Winterthur etwa neun Monate, bis er starb. Seine Leiche wurde verbrannt und die Asche in einen Kanal geschüttet.
Zuhause in der Schweiz habe die Angeklagte den wahren Aufenthaltsort des Senioren immer verschleiert, sagte der Staatsanwalt weiter. Der Gemeinde gab sie offenbar an, er sei in Dubai und werde dort «bestens gepflegt».
Der Sozialversicherungsanstalt, welche die Hilflosenentschädigung auszahlte, erzählte sie hingegen, er sei in Lenk im Berner Oberland - dies, weil die Entschädigung nur an Personen in der Schweiz ausgezahlt wird.
Aufgeflogen ist die Sache durch die ungeschickt formulierte Todesanzeige in der Zeitung «Der Landbote». Dort schrieb die Beschuldigte, dass ihr Lebenspartner völlig unerwartet an Herzversagen gestorben sei, «auf einer Reise durch Indien».
SDA/tif
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