Das grosse Treffen der ratlosen Wohlhabenden in Davos
Wie Davos die Weltagenda sieht, TA vom 31. 1. und weitere Artikel zum WEF
Fern der Realität. Von Davos schauen sie betrübt auf die Trümmer der Weltwirtschaft. Grosse stolze Unternehmen hängen plötzlich am Tropf des Staates. Die Einigkeit ist beängstigend, beinahe alle WEF-Teilnehmer reden von Krise, noch beängstigender aber ist die herrschende Ratlosigkeit. Vorbei ist die Party der Masslosigkeit, abgestürzt mit den Fetzen des geplatzten Luftballons. Ob wir nun die Sage von Ikarus bemühen, der in seinem Übermut zu nahe an die Sonne kam oder den Turmbau zu Babel, letztlich scheitert der Mensch immer wieder an sich selber. Unsere Geschichte ist gepflastert mit solchen Einbrüchen. Doch wäre es nicht an der Zeit, etwas Grundsätzliches daraus zu lernen. Wir reden immer von Moderne und Neuzeit. Entspricht es tatsächlich unserem modernen Weltbild, wenn eine Elite sich mit edelstem Champagner und Kaviar vergnügt, während Millionen Menschen weder über sauberes Wasser noch über Nahrung verfügen. Wenn sich jeden Tag Menschen in sinnlosen Kriegen dahinraffen. Diese Realitätist weit weg von der Schweiz von Davos, doch sie betrifft uns alle.
PASCAL MERZ, SURSEE
Unnötiger Gigantismus. Gleichzeitig mit dem WEF fanden in Genf, Bern und Davos Gegendemos statt. Prof. Jean Ziegler, Delegierter der Unicef, hat in Genf das WEF stark kritisiert und auf die Milliarde Menschen hingewiesen, welche an Hunger leidet. Während in Davos 2500 Teilnehmer aus Politik, Wirtschaft und Medien über Probleme in der Welt reden, gut essen und sich vergnügen, sterben Tausende an Hunger und Krankheiten in Entwicklungsländern. Die Lösung für diese dringenden Probleme hat offenbar niemand. Es wurden zwar in Davos einige Ideen präsentiert, mit der Umsetzung hapert es aber. Jetzt gibt es Pläne, das WEF noch grösser zu machen. Um noch mehr Teilnehmer aufzunehmen, will Davos ein neues, grosses Kongresszentrum bauen. Es wird viele Millionen kosten und nützt nur den reichen Geschäftsleuten von Davos. Wo ist da die Vernunft geblieben? Die Schweiz sollte sich nicht zu einem solchen Gigantismus hinreissen lassen, sondern das Geld für die Notleidenden in aller Welt einsetzen. Die Teilnehmerzahl am WEF muss drastisch verkleinert werden, dann wird alles übersichtlicher, und es braucht keine neuen Gebäude. Mit weniger Teilnehmern ist die Chance nicht kleiner, die Probleme unserer Welt zu lösen. BENI WIDMER, BRUGG
Mehr WEF, weniger Waffenexport. Draussen der meterhohe Schnee in blauer Kälte, vorbei die Tage, wo Visionen gesucht und gelebt wurden von Menschen aus aller Welt in Davos. Schade, das (WEF), das weit mehr ist als eine Plattform für das Zusammentreffen der wirtschaftlichen und politischen Elite dieser Welt, sollte ganzjährig stattfinden. Visionen und Begegnungen über die Kontinente, über die religiösen, ethnischen und politischen Grenzen hinweg müssten ganzjährig stattfinden. Hier in den Zauberbergen genauso wie andernorts. Nach dem WEF war zu lesen, dass mein Heimat- und hochgelobtes Gastgeberland, im vergangenen Jahr rund 55 Prozent mehr Kriegsmaterial exportierte als 2007 - insgesamt für 722 Millionen Franken. Die Schweiz ein Knowhow-Exporteur zur Vernichtung von Menschen? Das ist nicht die Schweiz, die ich mag. Kriegsmaterial zu exportieren und als wichtigen Zweig der inländischen Produktionsindustrie zu betrachten, ist widerlich, schändlich, inhuman, meiner Schweiz nicht würdig. Wir müssen aus diesem Industriesektor aussteigen, per sofort. Es gehört sich nicht für eine alte Demokratie und ihre Profiteure (das sind wir alle, die in diesem Land wohnen), Kriegshandwerk zu betreiben. Wir sind in der Schweiz gebildet genug, um die Waffe des Geistes zu exportieren. Die letzte Kriegsschraube, die zu Exportzwecken produziert wird, gehört eingeschmolzen in meiner Schweiz mit den Zauberbergen und ihrem wahren «human capital». CLAUDIA HUTTER BITAR, DAVOS
Rezepte gegen Wirtschaftskrise. Erstaunlich wäre es, wenn die WEF-Teilnehmer Rezepte gegen die Krise entwickelt hätten. In diesem Sinne hat sich der Chefkoch Klaus Schwab die falschen Gehilfen ausgesucht: Köche, die seit Jahr und Tag mit denselben Substanzen kochen und mittlerweile eine Fettschicht angelegt haben, durch die beim besten Willen nichts mehr dringt, höchstens die Angst, diese Fettschicht zu verlieren. Doch eigentlich wären die zentralen Essenzen gegen die Krise bereits bekannt. Dazu gehört die Übernahme von Verantwortung in jedem Moment des Handelns. Es bringt nichts, sich nach einem gierig hinuntergeschlungenen üppigen Mahl zurückzuziehen um das Dessert mit einer Entschuldigung zurückzugeben. Lieber Qualität auf dem Teller als Quantität. Aber was ist Qualität? Den Erfolg an finanzielle Exzesse zu knüpfen ist ein Irrweg, Quantität mit anschliessendem Durchfall. Qualität ist finanzieller Erfolg in Kombination mit nachhaltigem Wirtschaften. Nachhaltigkeit schliesst die Umwelt, aberauch den Menschen mit ein. Der Mensch ist Kunde und Personal. Diese Menschen ernst nehmen und sich als Dienstleister derselben betrachten. Nur das kochen, was einem selbst bekommt, was man selbst kennt. Wenn neue Rezepte ausprobiert werden, so nur mit Gruppen, die sich freiwillig dazu melden. Eine gesunde Balance zwischen bewährten und neuen Menüs finden. Einer langfristigen Ernährungsstrategie folgen und sich nicht von einem Fressgelage zum nächsten schleppen. Die Zutaten den Jahreszeiten entsprechend anpassen. Glücklich sein, wenn das Mahl gelingt und der Kunde zufrieden lächelt, nicht wenn er bezahlt. Sich für das Trinkgeld bedanken und es mit den anderen Köchen teilen. Denn ohne seine Hilfsköche ist auch der Chefkoch verloren. Beim Aufräumen in der Küche helfen und sich nicht des Nachts davonschleichen. THOMAS RÖTHLISBERGER, GAMS
Teilnehmer des World Economic Forum in Davos am Eröffnungstag.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch