«Das ist eine grössenwahnsinnige Initiative»
Die Cleantech-Initiative fordert den Ausstieg aus der Atomenergie und den Verzicht auf Erdöl. Für Christoph Blocher wäre dies ein verheerender Schritt. Dies sieht nach einer langen Debatte auch der Nationalrat so.
Der Nationalrat hat nach über vierstündiger Debatte die Cleantech-Initiative der SP mit 111 zu 68 Stimmen abgelehnt. Das Begehren verlangt, dass bis 2030 die Hälfte des Energieverbrauchs aus erneuerbaren Energien stammt. Den Ausschlag gab unter anderem diese Terminvorgabe.
Die SP-Initiative «Neue Arbeitsplätze dank erneuerbarer Energien (Cleantech-Initiative)» verlangt neben dem Umsetzungsziel 2030, dass der Bund die entsprechende Versorgung sicherstellt und erneuerbare Energien fördert. Bei Geräten, Anlagen und Fahrzeugen sollen Verbrauchsbestimmungen nach modernstem Technikstand gelten.
Für die Debatte hatten sich 40 Redner zu Wort gemeldet. Dabei widerstrebte der bürgerlichen Ratsmehrheit besonders der ehrgeizige Zeitplan zur Umsetzung.
Daneben machte sie grundsätzliche Bedenken gegen eine Subventionierung eines einzigen Industriezweigs geltend. Die Initiative würde die Energie verteuern, die Konkurrenzfähigkeit der Wirtschaft schmälern und damit letztlich Arbeitsplätze vernichten statt schaffen.
Förderungsmassnahmen als Bumerang
Als warnendes Beispiel nannten mehrere Ratsmitglieder Spanien, wo die staatlich geförderte Solarindustrie sich überhitzt hatte und schmählich zusammengebrochen war. Auch Deutschlands Förderung besonders der Windenergie diente als Exempel. Der Strom dort habe sich für alle ausser den Grossverbrauchern verteuert.
Der Bundesrat habe mit seiner Energiestrategie 2050 die Energiewende eingeleitet, lautete das weitere Hauptargument. Des Weiteren seien wesentliche Anliegen der Initiative bereits erfüllt, das vor der Atomkatastrophe von Fukushima eingereichte Volksbegehren mithin überholt.
SVP-Nationalrat Christoph Blocher sagt im Keystone-Interview (Video oben): «Das ist eine grössenwahnsinnige Initiative.»
Yannick Buffet (CVP, VS) konstatierte: «Wer die Initiative jetzt unterstützt, ist wie ein Kommunist nach dem Fall der Berliner Mauer.» Wie Redner der anderen bürgerlichen Fraktionen empfahl er den Initianten den Rückzug des Volksbegehrens.
SP, Grüne und Grünliberale machten geltend, durch die Initiative würden 100'000 neue Stellen entstehen. Die Schweiz mache bei den erneuerbaren Energien den verlorenen Boden gegenüber dem Ausland gut. Fast auf den Tag zwei Jahre nach der Katastrophe in Japan sei ein Tatbeweis ein Gebot der Stunde.
Bea Heim (SP, SO) sagte, die Initiative habe im Volk beste Chancen, der Druck von unten sei gross. Auch müsse sich die Schweiz aus einer Auslandsabhängigkeit von 80 Prozent bei der Energie lösen.
Energieministerin Doris Leuthard erklärte, die Initiative sei bei den Verbrauchsbestimmungen sowie der Förderung erneuerbarer Energien bereits erfüllt. Dazu gehörten unter anderem das Gebäudeprogramm und die Einspeisevergütung für erneuerbare Energien.
Zudem habe die Regierung einen Masterplan Cleantech verabschiedet. Darum verzichte der Bundesrat auf einen direkten Gegenvorschlag.
Auch ihr war die Umsetzungsfrist zu knapp. Zwischen 2000 und 2010 sei der Anteil erneuerbarer Energien am gesamten Energieverbrauch nur um 2 auf 19 Prozent gewachsen, illustrierte sie den Prozess.
Indirekter Gegenvorschlag
In der Debatte zeichnete sich ab, dass der Nationalrat auf einen indirekten Gegenvorschlag seiner Kommission für Umwelt, Raumplanung und Energie (Urek) einsteigen dürfte. Die Debatte darüber ist für Donnerstag traktandiert. Auch der Bundesrat signalisierte Zustimmung.
Die Kommission will den Initianten mit einer punktuellen Änderung des Energiegesetzes eine Brücke zum Rückzug bauen. Darin will sie ab 2014 über eine Erhöhung der kostendeckenden Einspeisevergütung (KEV) mehr Mittel für erneuerbare Energien erschliessen. Die KEV-Kostenumlage soll auf 1,5 Rappen pro Kilowattstunde steigen. Derzeit beträgt die Abgabe 0,45 Rappen/kWh.
Stromintensive Betriebe will die Urek entlasten. Der Vorschlag würde jährlich 300 Millionen Franken bringen. Damit liessen sich viele der aktuell über 20'000 Projekte auf der KEV-Warteliste realisieren, für die Beiträge beantragt worden waren.
SDA/bru
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