«Das ist miserabel»: Opfikons Pläne fürs Freibad lösen Streit aus
Die Stadt will die Wandbemalung von Künstler Victor Bächer übermalen. Das kommt gar nicht gut an.

Er war einer der bekanntesten Einwohner Opfikons: Der 2015 verstorbene Kunstmaler und Architekt Victor Bächer. Dennoch will die Stadt eines seiner Werke, die Bemalung des Freibads Bruggwiesen, verschwinden lassen. Die Anlage, die 1975 gebaut wurde, wird derzeit komplett saniert. Danach werde sie «in warmen Farben» gestrichen. Das hat die zuständige Objektbaukommission entschieden.
Bächer hatte die Betonstrukturen der Badi im Jahr 1992 bemalt. «Legofarben» nannte er sein Konzept, und an Lego erinnert die Bemalung auch. Bächer verwendete nur die traditionellen Farben der Bausteine, Weiss, Gelb, Rot, Blau, Grün und Schwarz. Manche Bauteile, etwa den Sprungturm, strich er in nur einer Farbe. Bei anderen benutzte er Fugen als Trennlinie zwischen zwei Farben, sodass es wirkt, als hätte in Kind ein Lego-Gebäude aus verschiedenfarbigen Steinen erbaut. Die bekannte Struktur der Bausteine findet sich in Kreissegmenten wieder, mit denen Bächer Brüstungen und Friese bemalt hat.
«Absolut erhaltenswert»
Für die Witwe des Künstlers, Martha Bächer, ist klar: «Eine solche Bemalung ist einmalig und künstlerisch wertvoll.» Eine Ansicht, mit der sie nicht allein steht. Regine Helbling, Kunsthistorikerin und Geschäftsführerin von Visarte, dem Schweizer Berufsverband visuelle Kunst, nennt Bächers Schwimmbadbemalung «ein einmaliges, zeitloses und gutes Werk», das «absolut erhaltenswert» sei: «Opfikon müsste hier mehr Sachverstand walten lassen.»
Fraglich sei auch, ob die Stadt überhaupt berechtigt sei, das Werk zu entfernen, so Helbing. Visarte prüft nun, ob sie bei der zuständigen Baukommission vorstellig werden soll.

Holzbildhauer Werner Ignaz Jans, Schöpfer der bekannten Skulptur «Holidi» und ein Freund Bächers, erfährt vom «Tages-Anzeiger» von den Plänen der Stadt – und reagiert spontan so: «Das ist miserabel, eine Geringschätzung von Victor Bächers Arbeit.» Bächer sei ein aussergewöhnlich guter, oft unterschätzter Maler gewesen: «Es ist leider nicht selten so bei Arbeiten von solchen Künstlern: Das Billigste ist, sie zu entsorgen.»
Philip Kübler, Direktor der Urheberrechtsgesellschaft Pro Litteris, spricht von einem «teilweise wenig nachhaltigen Umgang mit Kunst». Rechtlich sei aber nichts zu machen: «Wenn kein Vertrag dem entgegensteht, darf der Eigentümer das Werk entfernen.» Allerdings müsse er den Künstler oder dessen Nachfahren informieren und ihnen ermöglichen, das Werk zurückzunehmen oder mindestens zu dokumentieren. Das hat die Stadt bislang nicht getan.
«Ich habe per Zufall von den Plänen erfahren», sagt Martha Bächer, «die dachten wohl, ich merke nichts.» Erst auf ihre Nachfrage schrieb ihr Thomas Mettler, Leiter der Abteilung Finanzen und Liegenschaften der Stadt Opfikon, in einem kurzen Brief ohne jede Begründung: «Die bisherige Farbgestaltung bleibt nicht erhalten.»
«Etwas Neues»
Mettler verteidigt die Entscheidung, die Badi neu zu streichen. «Die bisherige Bemalung ist nicht als Kunst am Bau eingetragen», sagt er. «Die Kommission war deshalb frei in ihrer Entscheidung. Wir sind zum Schluss gekommen, dass wir wieder einmal etwas Neues wollen und dass es diese Farben nicht braucht.» Witwe Martha Bächer wäre rechtzeitig informiert worden, aber sie sei der Kommission mit ihrer Anfrage zuvorgekommen. Was eine allfällige Dokumentation des Werks angeht, sei das weitere Vorgehen nicht bestimmt, so Mettler: «Wir sehen deshalb im Moment noch immer keinen Bedarf, mit Frau Bächer in Kontakt zu treten.»
Mit Geringschätzung «ihres» Künstlers habe der Entscheid der Objektbaukommission nichts zu tun. Auf die Frage, ob die Wände auch neu gestrichen würden, wenn Picasso sie damals bemalt hätte, schmunzelt Thomas Mettler und antwortet dann: «Vermutlich schon – ein solches Werk wäre allerdings wohl nach der Erstellung als Kunst am Bau deklariert worden.»
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