«Das ist verdeckter Trumpismus»
Die FDP steht zum Pariser Klimavertrag. Nun aber versucht sie, mit der SVP das neue CO2-Gesetz abzuschwächen – zum Ärger der Linken.

Zusammen bilden sie eine starke Achse. Mit 101 von 200 Sitzen stellen die Fraktionen von SVP und FDP im Nationalrat die Mehrheit. Stimmen sie geschlossen, können sie der heute beginnenden Diskussion über das neue CO2-Gesetz für die Periode 2021 bis 2030 den Stempel aufdrücken. Mit dem Gesetz will die Schweiz das Pariser Klimaübereinkommen umsetzen.
Die SVP wird beantragen, auf das Gesetz nicht einzutreten. Doch eine Mehrheit wird sie kaum finden – wie schon im letzten Jahr, als sich National- und Ständerat gegen den Willen der Rechtspartei zum Pariser Klimaziel bekannt haben. Zum deutlichen Resultat – 126 zu 63 Stimmen im Nationalrat, 40 zu 3 Stimmen im Ständerat – hat nicht zuletzt die FDP beigetragen. Die Freisinnigen teilen also mit den Mitte- und Linksparteien das Pariser Klimaziel, die durchschnittliche globale Erwärmung im Vergleich zur vorindustriellen Zeit auf deutlich unter 2 Grad Celsius zu begrenzen.
Klimaschutz auslagern?
So weit hier die Positionen von SVP und FDP auseinander liegen: Im Kampf um das neue CO2-Gesetz spannen sie nun in teils entscheidenden Punkten zusammen, so etwa bei der strittigen Frage, inwieweit die Schweiz den Klimaschutz ins Ausland auslagern solle. Der Bundesrat möchte den CO2-Ausstoss bis 2030 um 50 Prozent gegenüber 1990 mindern, davon mindestens 30 Prozentpunkte mit Massnahmen im Inland, den Rest im Ausland.
Die FDP dagegen lehnt – wie die SVP – ein fixes In- und Auslandziel ab. Die Schweiz könnte so ihre Klimaverpflichtung von 2021 bis 2030 rein mit Massnahmen im Ausland erfüllen – mit dem Kauf ausländischer Klimazertifikate. Wie effektiv diese Investitionen sind, ist jedoch strittig. Untersuchungen zeigen: Zumindest ein Teil der Vorhaben wäre auch ohne die Einnahmen durch den Zertifikateverkauf realisierbar gewesen, etwa mehr als 300 Energieprojekte in China, in denen Schweizer Geld steckt. Das aber verletzt die im aktuellen CO2-Gesetz verankerte sogenannte Additionalität. Demnach dürfen Verminderungen nur angerechnet werden, «wenn sie ohne die Unterstützung durch die Schweiz nicht zustande gekommen wären».
Auch wurden Zertifikate teils doppelt verrechnet, sprich: Nicht nur das Käufer-, sondern auch das Verkäuferland hat die Reduktionen in seiner CO2-Bilanz ausgewiesen, was in der Klimaschutzbuchhaltung letztlich zu mehr CO2-Einsparungen führt, als tatsächlich erfolgen.
«Die FDP handelt nicht konsequent, wenn sie zuerst auf das Gesetz eintritt und es danach bei jedem Punkt abschwächen möchte.»
Für ihr Zusammengehen mit der SVP muss sich die FDP Kritik aus den Reihen von Mitte-links anhören. Ein SP-Parlamentarier spricht von «verdecktem Trumpismus», die FDP betreibe eine heuchlerische Politik. Die SVP sei in ihrem grundsätzlichen Widerstand gegen das Pariser Klimaübereinkommen und das neue CO2-Gesetz wenigstens aufrecht.
Auch bei den Mitteparteien herrscht Irritation. «Die FDP handelt nicht konsequent, wenn sie zuerst auf das Gesetz eintritt und es danach bei jedem Punkt abschwächen möchte», sagt CVP-Nationalrat Stefan Müller-Altermatt. Die CVP sei bemüht, ein mehrheitsfähiges Gesetz zu machen. Da sei das Verhalten der FDP «extrem mühsam». Müller-Altermatt hofft, dass die FDP nicht geschlossen mit der SVP mitmarschieren wird, da sie je nach Bereich noch Klientelansprüchen erliegen könnte. So etwa könnte der KMU-Flügel in der FDP mithelfen, das Gebäudeprogramm über 2025 hinaus zu retten, so Müller-Altermatt.
Die FDP kontert den Vorwurf, eine verantwortungslose Klimaschutzpolitik zu machen. Ein exportorientiertes Land, das jeden zweiten Franken im Ausland verdiene, habe die Pflicht, global CO2 zu reduzieren, sagt Nationalrat Christian Wasserfallen. Dass die Schweiz es geschafft habe, die Wirtschaftsleistung vom CO2 und Gesamtenergieverbrauch zu entkoppeln, sollte auch in anderen Ländern Schule machen, so der Freisinnige.
Wenn die CVP unsere Anträge unterstützt, wird das CO2-Gesetz im Parlament und in der Bevölkerung eine klare Mehrheit haben.»
Wasserfallen seinerseits spart ebenfalls nicht mit Kritik. «Der von Mitte-links veranstaltete Klima-Nationalismus ist dabei fehl am Platz und hinderlich.» Es seien die CVP und die links-grünen Verbündeten, welche die Mehrheitsfähigkeit des CO2-Gesetzes riskieren, sagt Wasserfallen und nennt als Beispiel deren Plan, den Treibstoffpreis um bis zu 20 Rappen pro Liter zu erhöhen. «Wenn die CVP in den grossen Linien unsere gesellschaftlich und wirtschaftlich vertretbaren Anträge unterstützt, wird das CO2-Gesetz im Parlament und in der Bevölkerung eine klare Mehrheit haben.» Es sei an der CVP, zu entscheiden, wo sie stehen wolle.
Müller-Altermatt entgegnet, es sei die CVP, die wirtschaftsfreundlich agiere, indem sie mehr Wertschöpfung und weniger Mittelabfluss dank den inländischen Klimamassnahmen verlange. «Die FDP ist da auf dem Holzweg.» Im Übrigen habe die CVP den 20-Rappen-Antrag von Links-Grün nie unterstützt. Das ist korrekt. Doch CVP-Parlamentarier in der vorberatenden Kommission haben sich für eine Erhöhung um maximal 12 beziehungsweise 13 Rappen pro Liter ausgesprochen. Nun aber kündigt Müller-Altermatt an, die CVP werde für einen maximalen Aufschlag um 8 Rappen stimmen – wie die FDP.
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