Das Lucerne Festival kneift
Heute Abend protestiert die Luzerner Kulturszene gegen das Sparen im Kanton. Im KKL allerdings wird weitergespielt – dem Sponsor zuliebe.

Um exakt 20.40 Uhr wird die Luzerner Kulturwelt heute Abend stillstehen. Im Luzerner Theater wird die Premiere von György Ligetis «Grand macabre» unterbrochen, das Kunstmuseum hat Bilder abgehängt, Radio 3fach verstummt. Die Aktion ist Teil eines breiten Protests gegen die Abbaumassnahmen des Kantons Luzern, die nicht nur, aber eben auch die Kultur betreffen.
Diverse Sparrunden haben die Luzerner Kulturbetriebe bereits hinter sich. Nun sollen im laufenden und im kommenden Jahr weitere 800'000 Franken gestrichen werden. Betroffen davon wäre diesmal vor allem die freie Szene, die rund 40 Prozent ihrer Gelder verlieren würde. Bereits bei der Eröffnung des Lucerne Festival hatte eine erste Protestaktion stattgefunden.
Rücksicht auf den Sponsor
Das Lucerne Festival hatte die Aktion damals unterstützt. Auch heute Abend sollen vor dem KKL Flyer verteilt werden, man stellt sich durchaus auf die Seite der Protestierenden. Aber die zunächst geplante Protestpause während des Konzerts wird nicht stattfinden, das Royal Philharmonic Orchestra unter Charles Dutoit wird sein Programm ohne Unterbruch spielen. Man habe sich «aus Rücksicht auf unsere Partner» dazu entschieden, heisst es beim Lucerne Festival.
Konkret heisst das: aus Rücksicht auf den Sponsor KPMG, der das heutige Konzert unterstützt. Die KPMG – eine Unternehmensberatungsgesellschaft – hat von der ganzen Geschichte allerdings nichts mitbekommen. Man habe gar nichts vom Protest gewusst, heisst es beim Unternehmen.
Allgemeiner Kulturstopp
Im Kunstmuseum Luzern wurden Bilder von Robert Zünd und Rudolf Keller abgehängt – «zwei schöne Bilder, bei welchen es auch schmerzt, wenn man sie nicht betrachten kann», sagt Fanni Fetzer, die Direktorin des Kunstmuseums. An deren Stelle hängt nun ein billig mit Klebestreifen aufgehängtes Informationsblatt, das Besuchern die Aktion und die Auswirkungen des Geldmangels erklären soll.
Effektiv unterbrochen werden die Vorstellungen andernorts: Im Luzerner Theater wird die Premiere von «Grand macabre» während fünf Minuten unterbrochen. «Thematisch passt das Stück perfekt zur heutigen Aktion. Der Tod ist zu betrunken, um den Untergang der Welt zu vollziehen. Darauf hoffen wir natürlich auch», sagt Benedikt von Peter, Intendant des Luzerner Theaters.
Den ganzen Tag durch wird im Radio 3fach kritisch über die Sparmassnahmen des Kantons berichtet. Doch auch der allgemeine Kulturstopp werde durchgeführt. «Das reguläre Programm wird um Punkt 20.40 Uhr unterbrochen», sagt Programmleiter Samuel Konrad. «Im Anschluss bieten wir den Initianten Sendezeit, damit das Manifest vorgelesen und die Protestaktion als Ganzes erklärt werden kann.»
Noch eine andere Idee hatte Adrian Seeberger, der Inhaber des Plattenladens Old Town Record Store: «Wir bleiben heute länger offen und haben relativ kurzfristig ein Konzert organisiert, das um 19 Uhr beginnt. Dieses wird ebenfalls um 20.40 Uhr unterbrochen.»
Im Rahmen der Möglichkeiten
Die Nichtteilnahme des Lucerne Festival am allgemeinen Kulturstopp stösst auf Kritik. Laut Seeberger passe dies ein Stück weit in «diesen Teil des Kulturkuchens, der andere Finanzierungsmöglichkeiten hat und von den Sparmassnahmen wenig bis gar nicht betroffen ist.» Auch Samuel Konrad von Radio 3fach findet es schade, da es um die Solidarisierung der grossen Kulturinstitutionen mit dem Fundament – der freien Kulturszene – gehe.
Konrad versteht den Entscheid nur bedingt und erinnert an die Performance zu Beginn des Festivals, die nicht nur begrüsst, sondern unterstützt wurde. Fanni Fetzer vom Kunstmuseum Luzern schliesst sich an: «Das Lucerne Festival ist durchaus solidarisch mit der Aktion an sich, und es ist ja nicht so, dass sie uns in den Rücken fallen. Wir sind im Geiste verbunden und agieren alle im Rahmen unserer Möglichkeiten.»
Das Lucerne Festival enthält sich jedoch nicht allein: Auch das Kino Bourbaki nimmt zwar an der Protestaktion teil, auf einen Unterbruch des Films wird jedoch verzichtet. «Wir haben uns bewusst dafür entschieden, das Manifest vor dem Film zu verlesen, da wir der Meinung sind, dass ein künstlicher Unterbruch während des Films von den Filmemachern nicht vorgesehen wurde», sagt Victor Redonda, der Betriebsleiter des Kinos. Ein Unterbruch würde sowohl dem Film als auch der Stimmung schaden.
Dass der Verzicht auf den Unterbruch der Protestaktion schaden könnte: Das möchte allerdings auch er nicht.
Mitarbeit: Susanne Kübler
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