Das Nachbeben
Im April wurde Nepal von einem verheerenden Erdbeben erschüttert. Von der versprochenen Milliardenhilfe haben die Opfer noch nichts gesehen. Nun steht der harte Winter bevor.
Nurbu Tamang ist Urgrossmutter, aber sie hat noch alle Hände voll zu tun. Am frühen Nachmittag kommt sie barfuss den schmalen Pfad entlang. Unten im Tal hat die Bäuerin Gras für die Ziegen geschnitten, jetzt schleppt sie den gefüllten Futterkorb die Anhöhe hinauf. Sie trägt ihn mit einem Stirnband auf dem Rücken, wie es alle Frauen in Nepal tun. Die Mittagssonne sticht, Schweiss tropft ihr vom Gesicht. Ein paar Schritte noch, dann hat sie es geschafft. Sie setzt den Korb am Futterplatz auf den Boden, verteilt das Gras an die meckernden Ziegen und biegt ihren Rücken durch. Ein leiser Seufzer ist zu hören. Vielleicht, weil sie müde ist. Vielleicht, weil sie an damals denkt.