Das nervöse Warten auf Amerikas Zinsentscheid
Tut sie's oder tut sie's nicht? Die Börsen weltweit warten angespannt auf Janet Yellens Entscheid, ob der US-Leitzins erhöht wird.

Was die Schweizerische Nationalbank am Donnerstag an ihrer Lagebeurteilung entscheidet, dürfte die Märkte kaum bewegen. Alles andere als eine Bestätigung des bisherigen Kurses wäre eine Überraschung. Mit mehr Spannung dagegen schauen die Anleger in die USA.
Seit einem Jahr erwarten die Finanzmärkte, dass die US-Notenbank Fed die jetzt seit sechseinhalb Jahren geltende Nullzinspolitik aufgibt und die Leitzinsen anhebt. Bis jetzt jedoch vergebens. Janet Yellen, die Chefin des Fed, hat die Erhöhung Mal für Mal vertagt und auch diesmal ist nicht klar, in welche Richtung die mächtigste Notenbank der Welt steuern wird.

Entsprechend nervös sind die Finanzmärkte. Die Erwartungen könnten nicht unterschiedlicher sein. So gehen auf der einen Seite die Ökonomen der Raiffeisen-Gruppe von einer Fortsetzung der Nullzinspolitik aus. Mit den China-Turbulenzen habe die Wahrscheinlichkeit abgenommen, dass die US-Notenbank neun Jahre nach der letzte Erhöhung die Zinsen anhebt, schreiben sie.
Die Experten der Credit Suisse auf der anderen Seite rechnen mit Blick auf die solide wirtschaftliche Entwicklung in den USA dagegen mit einer Zinserhöhung. Dabei werde das Fed die Zinsen wohl rascher straffen als derzeit von den Marktteilnehmern erwartet. Gleichzeitig bleibe aber ein «nicht unerhebliches Risiko», schreiben die CS-Experten, dass die Zinserhöhung aufgrund der China-Sorgen auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werde.
Anleger wollen Klarheit
Für alle Marktbeobachter ist jedoch klar, dass das Fed früher oder später den Leitzins anheben wird. Eine Arbeitslosenquote von 5,1 Prozent im August, also nahezu Vollbeschäftigung, und eine Nullzinspolitik des Fed passten einfach nicht zusammen, meint zum Beispiel Jens Klatt, Chefanalyst von DailyFX. Vor allem wichtig sei jedoch, dass das Fed Klarheit schaffe.
Klarheit wollen die Anleger vor allem darum, weil zurzeit vieles in der Schwebe ist. So sorgt vor allem die wirtschaftliche Abschwächung in den Schwellenländern wie China für Unsicherheit. Wenn in einer solchen Situation auch noch die US-Wirtschaft als derzeitige Stütze der Weltwirtschaft schwächeln würde, käme das zur Unzeit. Entsprechend sind alle Augen der Anleger auf die USA gerichtet.
Die Aufgabe des Fed ist dabei delikat. Nach Jahren der weltweiten Politik des billigen Geldes wird von der grössten Notenbank erwartet, dass sie mit einer Leitzinsanhebung den Startschuss zu einer weltweiten Normalisierung der Geldpolitik gibt. Tut sie das zu früh, könnte sie jedoch diese Normalisierung abwürgen. Hält das Fed dagegen zu lange am Nullzins fest, droht eine unkontrollierbare Inflation und Blasenbildungen in einzelnen Branchen.
In welche Richtung die Erwartungen sich entwickeln werden, hängt zudem von den zahlreichen Wirtschaftsdaten ab, die in dieser Woche noch bekannt gegeben werden. So wird China in dieser Woche neue Wirtschaftsdaten bekannt geben. Die Eurozone und die USA teilen unter anderem mit, wie die Industrieproduktion im Juli respektive im August ausgefallen ist.
Trotz besseren Aussichten keine Kursänderung
Ob das Fed am Donnerstag eine Zins- und damit eine geldpolitische Zeitenwende einleitet oder nicht, wird auch für die Schweizerische Nationalbank (SNB) richtungsweisend sein. Sie wird gleichentags ihre nächste Lagebeurteilung abgeben. Ökonomen erwarten dabei jedoch nicht, dass die SNB Änderungen an der Geldpolitik vornehmen wird.
So sehen die Ökonomen der St. Galler Kantonalbank keinen Anlass für eine Kursänderung der SNB. Sowohl an den Negativzinsen wie an den Freibeträgen für Banken werde die Nationalbank nichts verändern, schreibt die Bank. Und dies obwohl sich die Rahmenbedingungen deutlich verbessert hätten.
Tatsächlich ist die Schweizer Wirtschaft trotz der massiven Frankenaufwertung nach der Aufhebung der Euro-Untergrenze Mitte Januar nicht in die Rezession gerutscht. Nach einer leichten Schrumpfung im ersten Quartal ist die Wirtschaftsleistung der Schweiz bereits im zweiten wieder gewachsen. Die Aussichten haben sich zudem verbessert. Hinzu kommt eine deutliche Abwertung des Frankens in den vergangenen Tagen, was der Exportwirtschaft hilft.
Doch gemäss der St. Galler Kantonalbank dürfte die SNB trotz der Entspannung am Devisenmarkt den Franken weiterhin für überbewertet halten. Vorstellbar sei auch, dass die SNB die unsichere Situation in China und den Schwellenländern als Risiko bewertet. Die St. Galler Kantonalbank geht darum davon aus, dass die SNB am Donnerstag die geldpolitischen Rahmenbedingungen nicht viel anders als im Juni beurteilt.
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